Ines Perschy
Der Traum vom Schlagzeugspielen nach dem Aufstehen – Ines Perschy hat ihn sich erfüllt. Was nach akribischem Üben klingt, ist vielmehr der Genuss, sich selbst im Spielgefühl zu verlieren. In jenem Spielgefühl, das sie sieben Jahre lang an der Seite von Clara Luzia unter Beweis gestellt hat und nun auch bei Ernesty International zeigt.
Du kommst gerade von der Arbeit. Da drängt sich die Frage auf: Wie vertragen sich das Musikleben und das Jobleben bei dir?
Bei mir hat sich in letzter Zeit einiges geändert in dieser Hinsicht. Seit einem Jahr arbeite ich wieder 35 Stunden die Woche bei der APA im Bereich Audio/Video. Das war im vergangenen Jahr teilweise schon recht stressig, da wir mit Clara Luzia sehr viele Konzerte gespielt haben und getourt sind. Teilweise gingen dabei auch Urlaub und Wochenenden drauf. Ich habe mich dann bewusst dafür entschieden, bei der Clara auszusteigen, obwohl es eine wunderbare und interessante Zeit war, immerhin sieben Jahre. Aber ich hatte auch immer wieder im Kopf, mich musikalisch neu zu orientieren und brauchte einfach eine Auszeit. Das Spielen wurde immer mehr zum Job für mich. Aber ich mag meine jetzige Arbeit auch sehr gerne, das ist gerade perfekt für mich: Ich kann alle Rechnungen zahlen und bin dadurch auch im Kopf freier für die Musik, ohne etwas Spielen zu müssen, sondern weil es mir taugt. Ganz ohne den Druck, irgendwie Geld reinbekommen zu müssen. Das ist für mich gerade eine stimmige Balance.
Also wäre es gar nicht dein absoluter Traum, von der Musik zu leben?
Nein, gar nicht eigentlich. Das war es früher einmal und ich habe auch ganz lange gedacht, dass es so sein müsse. Aber ich bin dann über die Jahre draufgekommen, dass ich das eigentlich gar nicht brauche oder will. Ich kann mir nicht vorstellen, in Zukunft nur Musik zu machen und unterwegs zu sein, dieser Gedanke würde mich eher stressen. In meiner Arbeit kann ich auch andere Qualitäten einbringen und ausleben. Mich interessieren zu viele Dinge, um mich nur einem Gebiet zu widmen.
Jetzt widmest du dich gerade dem neuen musikalischen Gebiet Ernesty International. Wie ist es dazu gekommen?
Das war Zufall. Ich habe Ernst Tiefenthaler bei einer Hochzeit getroffen und er hat mir davon erzählt, dass ihr Schlagzeuger aufgehört hat. Ich war auf der Suche nach etwas Neuem und habe seine Musik schon immer sehr geschätzt, also habe ich zugesagt. Aber sowas ist ja meistens Zufall, Clara Luzia habe ich auch auf einer Grillfeier bei Mika Vember kennengelernt. Das erste Konzert mit Ernesty International spielen wir dann lustigerweise am 5. Dezember mit Clara Luzia gemeinsam im Casino Baumgarten.
Sowohl bei Clara Luzia als auch bei Ernesty International spielst du, grob gesagt, Singer-/Songwriter-Musik, bei der das Schlagzeug eher nicht sehr im Vordergrund steht. Sehnst du dich manchmal nach Projekten, bei denen das Schlagzeug im Fokus steht und du dich so richtig daran austoben kannst oder begnügst du dich gerne mit der Rolle?
Was Clara Luzia und Ernesty International betrifft, finde ich es für mich sehr schön. Ich mag die Rolle auch recht gern, ein bisschen im Hintergrund zu sein, da ich generell nicht gerne im Vordergrund stehe. Insofern war ich da immer sehr zufrieden damit. Alles andere mache ich dann gerne zuhause. Vor ein paar Tagen erst habe ich mir ein E-Drumset gekauft, obwohl ich eigentlich immer dagegen war, weil ich Akustik-Sets liebe und selbst bereits vier Sets habe. Aber das ständige Proberaumproblem, das man als Drummer hat, hat mich dann doch dazu gebracht. Mein Gedanke war, dass ich entweder einen eigenen Proberaum für mich haben will oder eben das E-Drumset zuhause. Mein Traum war halt immer, gleich nach dem Aufstehen spielen zu können. Das habe ich mir damit erfüllt und dabei tobe ich mich viel aus gerade.
Ich kann mir schon auch vorstellen, einmal ein Soloprojekt zu machen, aber da wüsste ich im Moment gar nicht, was dabei rauskommen würde, weil ich jetzt schon so lange nicht mehr darauf geschaut habe, was denn eigentlich sonst noch alles in mir drin ist. Aber ich habe es auf jeden Fall noch vor. Ich weiß allerdings nicht, ob ich dabei Schlagzeug spielen oder es doch lieber als Gitarristin angehen würde.
Schreibst du selbst viel an der Gitarre?
Schon ja, eigentlich viel. Vor allem früher und diese Sachen habe ich letztens auch wieder ausgegraben, das war recht interessant. Ich war nie so der Singer-/Songwriter, sondern vieles war eher reines Komponieren in Richtung Filmmusik, also viele instrumentale Sachen. Teilweise schon mit Gesang, da ich selbst auch gerne singe, aber weniger in der klassischen Songform. Das würde ich in Zukunft gerne weiterverfolgen.
Du hast vorhin den Traum vom Aufstehen und sofort zu spielen angesprochen. Wie sieht das bei dir gerade aus im Alltag mit Üben und Spielen – die Zeit für dich selbst am Schlagzeug?
Genial im Moment. Ich wache auf und sehe das Drumset vor mir (lacht). Ich komme meist um vier Uhr von der Arbeit nachhause, mache mir einen Tee und setze mich ans Schlagzeug und das ist herrlich. Oft vergesse ich dabei die Zeit und schaue um halb zehn auf die Uhr und denk mir: Wow! Es ist auch in den letzten paar Tagen fast mehr weitergegangen bei mir als in den letzten zwei Jahren. Früher war es so, dass zwischen Arbeit und Live-Spielen nicht viel Zeit blieb, um quer durch die Stadt in den Proberaum zu fahren. Ich habe es probiert, aber hatte dabei nie die nötige Konsequenz. Einfach auch, weil ich einen anderen Zugang dazu habe. Mir geht es zwar schon auch darum, technisch gut zu sein, aber ich hatte nicht die nötige Energie dafür. Im Moment kann ich auch im Raum von Ernesty International proben. Aber generell war ich meist nur regelmäßig im Proberaum, um mich auf Projekte vorzubereiten. Zuletzt 2012 im Vorfeld der Aufnahmen für „We Are Fish“ von der Clara.
Was übst du zuhause?
Ich mache gerade viel Technik. Ich war nie der Typ, der zuhause mit dem Übungspad sitzt, aber seit das Set im Zimmer steht komme ich dazu auch mehr. Ich habe aber in den letzten Jahren immer mehr den Druck verspürt, einem gewissen Standard oder professionellem Niveau zu entsprechen. Ich habe so viele Ideen im Kopf, aber kann sie oft nicht umsetzen und komischerweise wurde dieser Druck immer größer, je älter ich wurde. Mit den Jahren bin ich immer verkopfter geworden. Außerdem habe ich begonnen, mich mit anderen Schlagzeugern zu vergleichen und dadurch mit mir selbst gekämpft. Teilweise bekam ich sogar Lampenfieber, da ich so angespannt war. Aber mittlerweile bereue ich den autodidakten Weg nicht, den ich gewählt habe. Das war vielleicht auch ein Mitgrund, warum ich da wieder ein bisschen raus und mehr Freiraum haben wollte, weil es schon zu kopflastig war für mich.
Jojo Mayer hat einmal gemeint, dass er nie wieder in seinem Leben so gut gespielt habe wie als Siebenjähriger…
Das Gleiche habe ich mir auch gedacht, als ich letztens Aufnahmen aus meiner Teenagerzeit gehört habe. Wenn ich mir die anhöre, kommen mir fast die Tränen, wie frei und unbeschwert ich damals gespielt habe. Das zeigt, dass man sich immer darauf konzentrieren sollte, die Musik zu spüren. Da habe ich wieder begriffen, was das alles auslöst in mir.
Was hat dich von Anfang an so fasziniert am Schlagzeug?
Hmm, gute Frage (überlegt). Es war einfach das Bedürfnis danach sehr groß und ich habe immer schon sehr auf das Schlagzeug gehört. Mit vierzehn habe ich mir die Director’s-Cut Version von Woodstock zig Male angeschaut und das sieht man ja viel. Das war für mich toll, Schlagzeuger zu beobachten mit dieser Bewegung und Energie. Michael Shrieve mit seinem Solo bei Santana zum Beispiel. Es ist toll, etwas zu tun und sich völlig darin zu verlieren. Aber was mir auch immer viel bedeutet hat war der Klang. Ich liebe es, wenn das Schlagzeug offen klingt, ich dämpfe fast gar nicht. Besonders eine offene Snare habe ich gern mit all ihren Obertönen, wenn sie richtig singt. Es haben einfach viele Aspekte mitgespielt. Ich habe damals im Burgenland ursprünglich mit Klarinette begonnen und mit dreizehn, vierzehn dann mit der Gitarre. Erst dann kam das Schlagzeug dazu. Es war ja nicht wirklich naheliegend bei mir am Land. Da war es eben unüblich, als Mädchen Schlagzeug zu spielen und man wurde von manchen schon komisch beäugt, aber das war für mich selbst nie Thema.
Rührt das nicht auch aus dem weitverbreiteten Missverständnis, dass Schlagzeug viel mit reiner Kraft zu tun hätte?
Genau, da kommen dann oft Aussagen wie: Boah, du musst ja total stark sein! (lacht) Es geht im Grunde ja nur um die Leidenschaft und die Freude beim spielen und es ist interessant, wie viele verschiedene Menschen verschiedene Zugänge und Wege dazu haben.
Versuchst du, deine Wege ständig zu erweitern was die verschiedenen Musikstile betrifft?
Ich habe nicht wirklich ein Lieblingsgenre, das ist recht breitgefächert. Obwohl ich mich doch vor allem in Pop und Jazz bewege. Mit Jazz würde ich mich gerne mehr beschäftigen, vor allem auch auf der Gitarre. Aber da weiß ich, dass mir ein bisschen Handwerk fehlt, das wäre ein Ziel von mir, mich da hineinzuarbeiten. Ich habe in den letzten Jahren eh einiges gemacht, unter anderem auch mit Illute und mit Kommando Elefant aufgenommen. Aber jetzt möchte ich in erster Linie mal einfach wieder zum Spaß spielen, hie und da ein paar Gigs mit Ernesty International und selbst Zeit am Schlagzeug verbringen. Das reicht mir im Moment vollkommen.
Interview: Moritz Nowak