Safe & Sound – health awareness in der Musikbranche

Unsere  Kolumne „Safe & Sound“ beschäftigt sich mit der körperlichen & mentalen Gesundheit von Musiker*innen. Dafür haben wir Personen aus dem Gesundheitssystem und Musizierende befragt. 

von Philipp Spiegl

Im zweiten Teil der Serie befragte ich eine Physiotherapeutin. Ich wollte herausfinden, inwiefern Physiotherapie Beschwerden vorbeugen und lindern kann. Dazu habe ich Kathrin Barke, ein praktizierende Physiotherapeutin befragt.

backbeat: Haben Sie Erfahrung mit Musiker*innen gemacht, die Physiotherapie benötigen?
Kathrin: Ich arbeite in einer HNO Praxis neben der Staatsoper und da habe ich viele Opernsänger*innen betreut, aber auch Student*innen von der Musikuni – Schlagzeuger*innen, Gitarrist*innen, Flötenspieler*innen etc., die oft Probleme mit der passenden Haltung aufzeigen. Bemerkenswert sind ebenfalls obengenannte Berufsgruppen die Symptome wie Tinnitus, Kopfschmerzen, akutem Schwindel oder Sensibilitätsausfällen in einer Gesichtshälfte beschreiben. Physiotherapeutische Unterstützung durch manuelle Techniken am Kopf, Halswirbelsäule und Kiefergelenk kann bei diesen Beschwerden durchaus Linderung bewirken.

backbeat: Gibt es bei den Symptomen oft eine gemeinsame oder ähnliche Ursache?
Kathrin: Wir reden hier von sieben oder mehr Stunden am Tag an denen geübt wird, dazu kommen noch viele Konzerte. Bei diesem Ausmaß tut sich der Körper einfach schwer, Ausgleich zu finden. Die Mitte verschiebt sich. Die Leute kommen zwar mit einem Symptom, jedoch sind oft mehrere Probleme aneinander gekettet.

backbeat: Entstehen diese Probleme durch Abnützung oder falsch Benutzung?
Kathrin: Beides. Vorwiegend sind jedoch die vermehrte Nutzung der Instrumente, Stress und psychosoziale Faktoren Gründe für die Probleme/Beschwerden.

backbeat: Kommen Musiker*innen mit einem gewissen Vorwissen in Ihre Praxis oder sind sie oft überrascht, dass z.B. ihre Körperhaltung das Problem ist?
Kathrin: Eigentlich haben sie meistens kein Vorwissen. Oft handelt es sich zwar auch nur um Nuancen, doch generell haben die Leute kein gutes Körpergefühl und Verständnis für die muskulären, ligamentären und gelenkigen Zusammenhänge.

backbeat: Können Sport und sonstige körperliche Tätigkeiten dem Therapiebedarf entgegenwirken?
Kathrin: Es lässt sich auf jeden Fall viel damit herausholen. Oft ist das aber auch ein finanzielles Problem oder wirklich ein Thema, dass in der Ausbildung nicht angesprochen wurde.

backbeat: Sind physische Beschwerden oft heilbar oder bekommt man gewisse Leiden gar nicht mehr weg?
Kathrin: Also eine Verbesserung ist meistens nach einigen Einheiten erkennbar. Bei z.B. Schwindel oder Tinnitus hatte ich schon sehr gute Erfolge. Nach vier Einheiten erwarte ich mir eine 40%ige Verbesserung, sonst rede ich mit dem Arzt.

backbeat: Zieht sich das Thema Physiotherapie durch alle Altersgruppen?
Kathrin: Die Meisten sind so zwischen 30 – 50 Jahre alt. Die Älteren kommen meist erst, wenn sie die Problematik schon Jahre lang begleitet. Die jüngeren Generationen sind da etwas achtsamer.

backbeat: Danke Kathrin!

Sport, Ernährung und eine gute Haltung sind die Grundsteine des gesunden Musizierens.  Physiotherapie hilft oft schnell, aber langzeitlich nur, wenn Übungen durchgeführt werden und Fehler in der Haltung korrigiert werden. Das Alles klingt leichter als gesagt und ist oft mühsam. Dazu kommt, dass oft die Zeit oder die finanziellen Mittel fehlen.  Die Kostenerstattung beträgt 80 Prozent jenes Tarifes, den die ÖGK einer Vertragsphysiotherapeutin bzw. einem Vertragsphysiotherapeuten für dieselbe Leistung bezahlt.  Auch gibt es Gesundheitszentren der ÖGK an die man sich wenden kann. 

Es gilt, auf jeden Fall früher zum Arzt zu gehen als später, denn nur wer gesund spielt, spielt lange.



Foto: Markus Meisterl