Backstage. Abseits des Rampenlichts – mit Sun State of Mind. Teil I

Diesmal widmen wir uns in „Backstage. Abseits des Rampenlichts“, der Musikproduktion im Bedroom Studio. Die Band Sun State of Mind, bestehend aus Stephi und Max, haben im Januar 2021 ihren ersten selbst produzierten Song No Pain No Gain herausgebracht. Ihr Konzept lautet do it yourself und das auf allen Ebenen. Sei es das Logo, Recording oder Mastering – in ihrem Bedroom Studio wird probiert, produziert und Musik gemacht. Begonnen haben sie als Singer-Songwriter-Duo Ende 2017, nachdem sie bereits einige Genres durchprobiert haben. Heute sehen sich die beiden als experimentelle Doppel-Loop-Station-Multi-Instrumenten-Band. Warum sie jetzt ihre Musik selbst mischen und welche Freiheiten sie als ihre eigenen Producer*innen genießen, haben sie uns im Gespräch verraten. Auch als Podcast könnt ihr das Interview auf allen gängigen Plattformen nachhören.
Nora Blöchl

Unabhängigkeit ist wohl der wichtigste Grund für die Entscheidung, ihre Musik selbst aufzunehmen. Ihre Ideen wollen Sun State of Mind sofort in ihren eigenen vier Wände umsetzen und ausprobieren. In Worte zu fassen, wie sich ein Song anhören soll, ist oft auch etwas anderes, als es einfach zu machen. „Es ist einfach schön, wenn man das alles selbst gemacht hat.“, erzählt Stephi im Interview. Darauf das Mixing und Mastering selbst umsetzen zu können, sind die beiden sehr stolz – auch wenn der Prozess des professionellen Erlernens ein langer war. Ihren Song haben sie nicht nur einmal gemischt. Zwanzig Mal mastern und die fünf Häuserrunden um den Block, um sich den Song mehrmals anzuhören, hat viel Zeit in Anspruch genommen. Doch das Endprodukt lässt sich hören.

Natürlich haben die geringen Producer*innenkenntnisse ihr Songwriting beeinflusst und alles wurde etwas simpler gehalten. Der Headroom im Klang ist nicht derselbe wie in einem professionellen Studio. Die Power des Songs wird dadurch jedoch nicht geschmälert- ein weiterer Grund, warum das Duo auch in Zukunft ihre Songs selbst aufnehmen wird.

Auf die Frage, ob sich die beiden selbst als Producer*innen bezeichnen würden, antwortet Stephi: „Ich habe darüber lange nachgedacht und habe das auch noch nie so gesehen. Aber wir machen von A-Z im Moment alles selbst und genau das ist es ja, was Produzent*innen ausmacht.“ Beide haben eine eigene Rolle. „Wir sind beide Producer*innen von Sun State of Mind, weil wir ziemlich ebenbürtig entscheiden. Stephi hat dann oft das letzte Wort, weil ich schon zu tief im Instrumentalen stecke. Sie entscheidet dann als objektive Stimme: Ok, das lassen wir raus. Das brauchen wir leiser. Wir sind also beide ein*e halbe*r Producer*in und ergänzen uns sehr gut.“, erklärt Max.

Ihr Equipment wählen sie so, dass ihre Musik auch auf die Bühne gebracht werden kann. Ein achtspuriges Interface und zwei Loop Stations für Gesang und Instrumente machen es möglich, live so zu klingen wie auf den Aufnahmen. Ihr TC HELICON beschreibt Stephie als ihr Herzstück, das ihrer Stimme die Räume zu authentischen Multieffekten eröffnet. Natürlich wird mit vielen Plug-ins ein guter Stadionsound möglich – live würde man jedoch nicht mehr an den Sound herankommen.

Der Aufnahmeprozess erfolgt step-by-step. Als Grundlage dient ein Guide-Track, bei dem alles zusammen aufgenommen wird. Die einzelnen Bausteine bauen die beiden dann darum herum. Die Drums werden in Form eines Clicks herausgearbeitet und mit Rhythmusgitarren, Bass, Grundvocals und gesanglichen Fill-ins verziert. Nachdem der Track von unerwünschten Geräuschen und Überlängen befreit wurde, werden die Lautstärken noch reguliert und Soli hineingemischt. An Perfektionismus mangelt es den beiden nicht – trotzdem steht Teamwork an erster Stelle und ist der Grundstein für ihr musikalisches Schaffen.

Interessant ist für die beiden auch die Tatsache, dass es immer mehr Künstler*innen in ihr eigenes Bedroom Studio zieht. Ein Tag in einem professionellen Studio ist für viele nicht mehr erschwinglich und sich ein MacBook und ein Plug-In zuzulegen, ist immer noch billiger als ein Studio einen Tag lang zu mieten. „Ich hoffe, dass es der Musik nicht schadet. Also dass man dann fünfzig Songs hat, die dieselben VST-Plug-ins und dieselben Samples benutzen, weil halt nichts Neues mehr geschaffen werden kann. Das wäre extrem schade.“, so Max. „Aber auf der anderen Seite ist es halt auch ganz schön, wenn viele Menschen den Zugang und die Möglichkeit bekommen, ihre Songs zu machen. Das hat es halt früher gar nicht gegeben. Das darf man auch nicht zu negativ bewerten und ist eigentlich etwas sehr Schönes.“, ergänzt Stephie. Die Idee, dass sich kollektive Studios von Musiker*innen für Musiker*innen entwickeln, ist ein großer Wunsch.

 

Fotos: Valentin Iser (Titel), Patrick Münnich Photography (Sidebar)