Über altes Equipment und vorherrschende Trends – Interview mit Fabian Hämmerle

Nostalgie und alte Liebe. Ob es das Tragen von Mamas alter Bluse, die Wiederentdeckung von Omas 60er Jahre Schrank oder die Restauration von Papas altem Rennrad ist. Alte Sachen und Wiederverwertung gesammelt im Modebegriff „Vintage“, stehen an allen Ecken und Enden in der Gesellschaft hoch im Kurs. Auch die Schlagzeug-Welt ist davon nicht ausgenommen. Wir haben uns mit Fabian Hämmerle, seines Zeichens Sammler und Hobbybastler aus Vorarlberg, zum Gespräch über altes Equipment und der dafür neu entfachten Liebe, getroffen.
Interview: Adam Zehentner

Gab es irgendwelche prägenden Ereignisse, welche deine Leidenschaft für Altes entfacht haben?

Also ich spiel jetzt über zehn Jahre Schlagzeug und habe früher Tage im Musikgeschäft verbracht. Ich wusste fast besser über den Bestand und die Neuheiten Bescheid als die Verkäufer und Verkäuferinnen die dort arbeiteten. Ich habe dementsprechend auch immer neue Sachen gekauft und gespielt und nach ca. fünf Jahren, habe ich das erste Mal ein altes Set gesehen und dachte wow. Das war ein Ringo Starr mäßiges Black-Oyster Set von Ludwig. Nachdem ich das gesehen hatte, kaufte ich mir um fünfundvierzig Euro ein altes Schlagzeug. Ein Olympic von Premier. Es war in richtig schlechtem Zustand, als ich es bekam, also dachte ich mir, da steck ich ein wenig Liebe rein. Als es dann restauriert bzw. überarbeitet vor mir stand, habe ich es angespielt und dachte mir: „verdammt, das Teil klingt viel besser, als mein Pearl, welches eineinhalb bis zweitausend Euro gekostet hat“. Hier ist die Liebe wohl das erste Mal aufgetreten und ich habe mich dann gleich hineingesteigert.

Über die Jahre trifft man sicher den ein oder anderen Gleichgesinnten. Wie darf man sich die Szene der Vintage-Schlagzeug-Sammler denn vorstellen?

In den letzten 5 Jahren kommt das immer mehr auf. Die jungen Musiker und Musikerinnen sehen auch, dass die alten Sets einfach geil klingen. Es ist auch eine andere Qualität. Natürlich ist ab und zu ein Kessel verzogen, jedoch gibt es auch neue Schlagzeughersteller, ohne jetzt Namen zu nennen, die auch verzogenen Kessel liefern.

Abgesehen von dem Trend, den du bemerkst, gibt es da eine Sammlerszene?

In Österreich ist es noch rar. Ich kenne vereinzelt schon welche, aber so eine richtige Szene gibt es in Österreich weniger. In Deutschland hingegen ist sie groß, da gibt es einige. In Frankfurt findet auch immer das Vintage Drum Meeting statt. Auch in Mannheim gibt es eine Messe für Vintage- und Custom-Equipment. Auf solchen Events habe ich schon viele Freundschaften geknüpft und man bekommt hier schon den Eindruck, dass es eine Szene gibt. Ansonsten in den USA natürlich. Da ist die Szene riesig. Zur Chicago Vintage Show beispielsweise würde ich selbst gerne mal hingehen.

Du hast es bereits erwähnt, dass ein gewisser Trend momentan vorherrscht. Deshalb die Frage verspürt man als Sammler eine Veränderung auf dem Markt und wie erklärst du dir diesen Hype?

Oh ja. Das merkt man. Erklären würde ich das ganze damit, dass wir in einer Wegwerf- und Konsumgesellschaft leben und so viel Mist produziert wird. Nicht nur mir geht das auf die Nerven. Die Leute bemerken langsam das falsche System. Deswegen glaube ich, dass die Leute weniger wegwerfen wollen und eher das alte Zeug gebrauchen. Abgesehen davon hat dieses alte Zeug einfach Stil. Wenn man es genau anschaut, all die kleinen Verzierungen, solche Sachen macht man heute nicht mehr. Falls doch, dann kosten sie ungeheuer viel Geld. Und so ist es auch bei den Schlagzeugen. Da gibt es welche, die haben afrikanisches Mahagoni verarbeitet. Was würde das heute kosten? Das wäre verrückt. Deswegen geht der Vintage-Markt aufwärts, in allen Bereichen. Und wie bereits erwähnt, ich habe damals so eine alte Schüssel um fünfundvierzig Euro gekauft und es klingt einfach besser als das teure Neue. Im Allgemeinen ist es auf jeden Fall ein guter Trend, der da aufkommt. Die Leute merken, dass es so nicht weiter gehen kann, in allen Bereichen. Ich weiß ich schweife hier aus, aber es ist wichtig, dass es gesagt wird.

Du beschäftigst dich jetzt schon einige Jahre mit altem Equipment und hast dadurch sicher schon einiges erleben dürfen. Gab es da irgendwelche Highlights?

Ich habe schon mit ein paar bekannteren Leuten zusammenarbeiten dürfen. In dem Sinne habe ich Trommeln in bessere Hände gegeben wie z.B. dem Schlagzeuger von Frittenbude (Moritz Baumgärtner). Außerdem habe ich mit Little Konzett, von Little Big Beat Studios, die Yamaha Recording Session mitmachen dürfen. Da wurde meine Sammlung als Sample Grundlage für Vintage Sounds verwendet. Wie Yamaha diese weiterverwendet haben, konnten sie mir zu dem Zeitpunkt noch nicht sagen, aber ich glaube, sie waren für die Vintage-Sounds auf den E-Schlagzeugen geplant. Das war schon eine große Ehre, da mitwirken zu dürfen. Ansonsten habe ich hier noch eine Snare Drum vom Schlagzeuger von Nazareth. Sie ist aus den 70er Jahren von seinem originalen Set erworben. Das macht schon auch ein wenig stolz in Besitz von so etwas zu sein.

Nachdem du schon unzählige verschiedene alte Trommeln ausprobiert hast bleibt die Frage nun offen, wie sich solches Equipment musikalisch auswirkt. Gibt es einen klassischen Vintage-Sound?

Also ich würde sagen schon. Die Kessel sind anders. Z.B. in den 60er Jahren hat man dreilagige Kessel mit Verstärkungsringen gemacht. Die Hersteller beginnen momentan sogar wieder solche Sachen zu bauen. Die neuen Legacy Shells von Ludwig beispielsweise. Auch die alten Jazzfestival-Serien bauen sie wieder nach. Ich selbst habe in Bands gespielt und die Umstellung von neuem auf altes Equipment gemacht und finde, dass sie sehr vielseitig und teilweise sehr interessant vom Sound her sind. Trotz der Individualität jeder einzelnen Trommel gibt es aber, meiner Meinung nach, auch diesen klassischen Vintage-Sound.

Wenn jetzt die Hersteller wieder die alten Kesselmaße usw. bauen, stellt sich doch die Frage, ob das Alter des Materials wirklich eine Rolle spielt.

Das spielt schon eine Rolle. Einfach dadurch, dass das Holz schon eingespielt ist. Das ist, wie bei einer alten Fender Gitarre. Wenn das Holz eingeschwungen ist, klingt sie besser und fühlt sich auch besser an. Die Gitarristen können dir ein Lied davon singen. Außerdem Liebe ich jeden Kratzer einer Trommel. Das gehört einfach zu ihrer Geschichte dazu. Für mich ist es immer interessant, was für eine Geschichte so eine Trommel mit sich bringt.

Zum Schluss noch eine wahrscheinlich wichtige Frage für alle Schlagzeuger: Was ist dein persönliches Lieblingsteil?

Schwierig sich da zu entscheiden. Ich habe immer verschiedene Phasen, also einmal dieses Finish, einmal diese Trommel. Momentan ist es wohl die Blue-Oyster Folie von Ludwig auf einer Jazzfestival oder Downbeat Snare-Drum aus den 60er Jahren. Wenn man die sieht, hat man das Gefühl, man steht vor einem Gemälde. Ansonsten steh ich auch auf die 20er Jahre Snare-Drums.

Fotos: Adam Zehentner