Hey, wie war’s eigentlich am „fest Gosh!art“?
Wie versprochen berichten wir euch hier vom „fest Gosh!art“. Wie’s war? Spoiler Alarm: Gut!
Triing! – Triing!
Als ich ins Foyer eintrete, verkündet bereits eine Glocke den Beginn des ersten Konzertes. Das „fest Gosh!art“, ein viertägiges Festival für Dialektmusik und kreative Sprache fand im Pfarrzentrum Wolkersdorf statt, das kurzerhand in Sprachzentrum umbenannt und umgestaltet wurde. Ein bisschen Retro-Optik blieb an manchen Ecken noch sichtbar, aber entgegen den Erwartungen gibt diese der Location keinen provinziellen Eindruck, sondern verleiht zusätzlichen Charme, außer vielleicht das Kreuz im Veranstaltungssaal.
Der erste Act des Abends war Buntspecht. Die schnauzbartaffine Truppe begeisterte das Publikum mit Wiener Lied und Gypsy-Swing. Mal geht es ruhig, mal wild zu und manchmal gibt’s auch einen Knalleffekt mittendrin. Mein persönliches Highlight hatte auch einen gewissen Knalleffekt: Das Lied Briefbomben, das unbeabsichtig an die aktuelle Briefbomben-Serie in den USA denken lässt und dadurch ein zusätzliches humoristisches Potenzial entfaltet.
Im Keller ging es nach einer 15-minütigen Pause weiter mit einem Tagebuchslam. Kurze Erklärung des Offensichtlichen: Wie bei einem Poetry Slam tragen Teilnehmende Texte vor und das Publikum entscheidet, wer in die nächste Runde kommen und schlussendlich gewinnen soll. Bei einem Tagebuchslam wird aus alten Tagebüchern, vor allem über Kindheits-/Jugendschwärme, erste Partyerfahrungen und die Unsicherheiten, die die Pubertät mit sich bringt, vorgelesen. Die Räumlichkeit hätte nicht besser sein können, da es sich dabei um den ehemaligen Partyraum der katholischen Jugend handelte, in dem vermutlich auch der/die eine oder andere Anwesende eine erzählenswerte Geschichte erlebt hat. Der Tagebuchslam war der Teil des Abends, von dem ich zuvor am wenigsten Erwartungen hatte und sehr positiv überrascht wurde. Man kam kaum aus dem Kichern raus!
Der Tagebuchslam war die optimale Vorbereitung auf Stefanie Sargnagel, bei der auf die bereits heitere Stimmung aufgebaut werden konnte. Der Humor der Wiener Künstlerin bewegt sich durchwegs auf einem tiefen Niveau und arbeitet oft mit dem Schockieren und Anekeln des Publikums. Stefanie Sargnagel verknüpft ihren Humor zugleich mit Kritik an Rassismus, Sexismus, dem Patriarchat, dem Bürgertum, der aktuellen österreichische Bundesregierung und Trollen im Internet. Das fand zwar nicht das gesamte Publikum lustig, aber Stefanie Sargnagel ist gerade zu darauf aus, bei manchen Menschen anzuecken.
Der musikalische Headliner des Abends war Vodoo Jürgens mit seiner Band, der „ansa Panier“. Als Mensch, an dem der Vodoo-Jürgens-Hype vorbeigegangen ist, konnten mich trotzdem die solide Band und die guten Arrangements erfreuen. Das Publikum war hellauf begeistert und verlangte eine Zugabe. Die Solo-Zugabe wurde von Vodoo Jürgens aus verschiedenen Gründen zwei Mal abgebrochen und er entschied sich schließlich, seine Band stattdessen wieder auf die Bühne zu holen. Sehr sympathisch, wenn nicht immer alles sitzt!
Obwohl das „fest Gosh!art“ erst zum zweiten Mal stattfand, stellte das Team ein sehr ambitioniertes Line-Up auf, das vom Publikum positiv aufgenommen wurde. In Anbetracht des aktuellen Trends zu mehr österreichischer, oft in Mundart verfasster Musik, ist es eigentlich nur die logische Konsequenz, dass ein Festival wie dieses früher oder später entstehen musste. Der Bedarf scheint jedenfalls gegeben zu sein. Das „fest Gosh!art“ ist jedoch keine gewinnorientierte Veranstaltung, die sich die Hände reibt, bei dem Gedanken an die Kohle, die man durch das Schließen der Lücke im Festivalangebot verdienen kann, sondern einzig und allein von Freiwilligen organisiert und an der Bereicherung der (Nieder-)Österreichischen Kulturlandschaft interessiert.
Hut ab also vor dem engagierten Team, das ein ernstzunehmendes Festival auf die Beine gestellt hat und danke, für den schönen Abend!
Text: Mira Achter