Einmal traurige Fröhlichkeit, bitte!

Eine traurige Fröhlichkeit verbindet die Songs auf Fainschmitz` zweitem Album The Fainschmitz rises – gewürzt mit emanzipatorischen Perspektiven und angetrieben von Rhythmusgitarre, wuchtigem Bass, Saxophon, Trompete und Klarinette, liefert uns das österreichisch-deutsch-italienische Quartett ein Album, das Anwärter auf das Jazz-Sommeralbum des Jahres 2021 ist. Pünktlich zum Albumrelease am 1. April haben wir mit Sänger Matthias Vieider gesprochen.
Nora Blöchl

Gemeinsam Musik machen Matthias Vieider (Saxofon, Klarinette, Gesang), Alexander Kranabetter (Trompete), Jannis Klenke (Gitarre) und Martin Burk (Kontrabass) seit 2016. Zwei Jahre und über 100 Konzerte später war dann das erste Album Fainschmitz begins da und überzeugte mit den Gypsy-Jazz-Swing-Elementen und doppelbödigen Lyrics. Der zweite Teil The Fainschmitz rises folgt nun mit 12 Liedern und hält sich musikalisch und auch textlich nicht zurück. „Ich bin ein Frann ich bin ein Frann, weder Frau noch Mann. Sie sieht unglücklich aus. Er lächelt verkrampft. Und wenn man genau hinschaut, sind beide schon vergangen.“, lauten die Lyrics in der Single-Auskoppelung Frann. Mit den binären Geschlechterrollen und den unterdrückenden Facetten der Männlichkeit rechnen Fainschmitz ab – sozialisiert in einer feministischen Umgebung, sei es das stereotype Bild von Männlichkeit, mit dem sich die Vier nicht identifizieren können. Die Diversität fehle immer noch, da die Attribute stark, zornig, muskulös, überzeugt und kompromisslos nicht ausreichen würden, um eine Person zu fassen. Der Widerspruch und die ständige Konfrontation durch Werbung, Filme usw. sei die Grundlage für den Songtext gewesen. „Martin hat damals einen fast fertigen Text in die Probe mitgebracht. Wir haben uns alle vier mit dem Thema identifizieren können. Für uns ist es sehr wichtig, unsere Position in der Gesellschaft und auch die verschiedenen Facetten von Männlichkeit zu reflektieren. Die Widersprüche und Befindlichkeiten zu diesem Thema haben wir im Song verarbeitet.“, erklärt Matthias im Interview.

Geschrieben werden die Texte von Martin und Matthias, kritisch begutachtet vom gesamten Quartett. Da alle vier Jazzmusik studiert haben und nicht darum herumkommen, kritisch an das Songwriting heranzugehen, ist es oftmals ein längerer Prozess, bis ein Song steht. Zum Entstehungsprozess ihrer Songs erzählt Matthias: „Wir arbeiten am Anfang des Songwritings oft mit Melodien und Textskizzen und bauen darum das Songgerüst. Dann versuchen wir so lange an dem Text zu arbeiten, bis er allen gefällt und alle zufrieden sind.“

Im ersten Lockdown 2020 wurde das neue Album generalsaniert und Songstrukturen als auch Instrumentalteile verändert, hinzugefügt und weggestrichen. „Wir haben Lieder noch einmal komplett verändert. Der Song Leinen ist zu einer völlig anderen Version geworden. Live haben wir ihn mit Bläsern gespielt. Auf dem Album ist er jetzt viel reduzierter. Auch bei Flusen haben wir den Refrain durch einen Instrumentalteil ersetzt. Also das Songwriting wurde durch den Lockdown beeinflusst, weil wir einfach mehr Zeit hatten. Sonst würden die Lieder anders klingen.“ Ihr Lockdown Blues Pizza Margherita steht textlich für diese Zeit – für die Facetten der Einsamkeit, sei es die Lust darauf oder auch die Tristesse, welche damit verbunden ist.

Ihre beiden Albumtitel haben Fainschmitz an Christopher Nolans The-Dark-Knight-Trilogie angelehnt. Ihr nächstes Album soll jedoch ein Konzeptalbum werden und wahrscheinlich mit einem Titel versehen werden, der den Inhalt der Lieder repräsentiert.

Das Releasekonzert ist am 16.Mai beim USUS am Wasser in Wien geplant. Vielleicht ein kleiner Lichtblick für den heutigen Tag.

Fotos von Arno Dejaco