Das Music Camp Graz 2012 im Rückspiegel: Eine Nachbetrachtung

Bereits zum dritten Mal fand am 9. November im Hotel Weitzer das Music Camp Graz als lokale Netzwerkveranstaltung der Creative Industries Styria statt. Dem Styrian Stylez Festival eingegliedert, will es sowohl Künstlern als auch musikwirtschaftlich Tätigen praxisnah ein Rüstzeug zur professionalisierten Ausübung des Berufes Musik vermitteln.
Von Martin Macho

In einer Zeit, in der sich die ökonomischen Regeln und Mechanismen des Musikbusiness stetig wandeln, bestehen können. Wohlweisliche Anpassung an veränderte mediale Gesetzmäßigkeiten. Dabei aber nicht die eigene künstlerische Identität feilbieten. Solcherart Wendungen konnten als die übergeordneten Topics des diesjährigen Music Camps Graz gelten, bei dem die Themen Booking, Promotion und Crowdfunding im Mittelpunkt standen. „Wie können lokale Artists heutzutage, wo der physische Tonträger zunehmend an Bedeutung verliert, über den heimischen Tellerrand hinauskommen“, formuliert Programmierer und Moderator des Music Camps, Chris Riebenbauer, den Zielentwurf der heurigen Veranstaltung.

Die Themen dürften einen bereits pulsierenden Nerv getroffen haben, denn das Interesse war erfreulich groß. Mit über 40 Teilnehmern an den jeweiligen Vorträgen, Panels und Workshops ließ sich der Tag durchwegs als Erfolg verbuchen. „Wenn sogar Leute aus Wien oder Innsbruck kommen, obwohl das Music Camp eigentlich eine lokale Netzwerkveranstaltung ist, spricht das schon für die Aktualität und Relevanz der Themen“, so Riebenbauer.

Hemmschuh Provinzialismus
Über die Kernpunkte Booking und Promotion als mittlerweile unerlässliche Ingredienzien sprach der Kommunikations- und Marketingmanager Mirko Gläser in seinem Vortrag. Der Mitgründer der Werbeagentur Cardiac Communication in Münster skizzierte ein Vademekum zur Eigenpromotion und Errichtung eines Netzwerkes, um in der Öffentlichkeit präsent, und dadurch auf Tuchfühlung mit seinen Fans zu sein. Gläser strich Eigenverantwortlichkeit sowie konkrete Zielvorstellungen aufstrebender Interpreten als wesentlich heraus. Praktisch nachvollziehbar erläuterte der Marketingexperte, wie beispielsweise von einer Band der Plan für das Folgejahr selbst ausgearbeitet werden kann.

Crowdfunding, also Kapitallukrierung und Produktfinanzierung durch Allianzbildung (hier in erster Linie durch Publikum bzw. Fans), stand als weiterer Eckpfeiler des heurigen Themenkomplexes fest. Malte Graubner, seines Zeichens Product Manager der deutschen Crowdfunding-Plattform SellaBand GmbH, diskutierte dabei Vor- und Nachteile. Bezogen auf die niederländische Band John Coffey, die die Crowdfunding-Methode zur Finanzierung ihres Albums angewandt hatte, veranschaulichte er die Möglichkeiten dieser neuen Form der Geldbeschaffung.

Wandelnder Beleg dafür, dass man am Weg zum Erfolg den Hemmschuh Provinzialismus besser früher als später abstreifen muss, war am Music Camp Graz Markus Riedler. Dessen Independent-Label Napalm Records kann mittlerweile den Global Players innerhalb der Metalszene zugerechnet werden – und das von der „Popmusikhochburg“ Eisenerz aus. Riedler führte in seinen Erläuterungen das Heavy Metal-Segment überhaupt als Nische zum Durchbruch an.

Platz für steirische Popmusik
Abschließend beschrieb der Geschäftsführer des Österreichischen Musikfonds, Harry Fuchs, noch das Aufgabenspektrum und die Fördermöglichkeiten dieser Einrichtung für heimische Artists.

Chris Riebenbauers Fazit ist schnell gezogen: „Drei Jahre hat es sehr gut funktioniert. Daher wäre es gut, dass es auch im nächsten Jahr dieses Podium gibt, um steirischer Popmusik Platz zu geben. Wichtig ist, dass lokale Musik durch Veranstaltungen wie das Music Camp Graz gesellschaftlich wahrgenommen, und die Vernetzung mit anderen europäischen Ländern forciert wird.“ Der Programmer/Moderator in Personalunion kennt die Bedingungen: „Das hängt natürlich auch von der Kultur- und Wirtschaftspolitik ab.“ Die Legitimation erschließt sich für den Szenekenner nicht zuletzt mit Blick auf die Nachhaltigkeit: „Schon einige Teilnehmer sind danach in die professionelle Musikebene gegangen.“

Musiker, die vor ihrer ersten Produktion stehen; Bands, die bereits unterwegs sind; musikwirtschaftliche Agenturen; Eltern, deren Sohn das erste Mal in einer Band spielt. Wer sich die Zusammensetzung der Veranstaltungsteilnehmer näher betrachtete, erkannte die Tiefen- und Breitenwirkung. Zielgruppenunabhängig fungierte das Music Camp Graz erneut als Impulsgeber und eröffnete netzwerkorientiert neue Perspektiven.

Weitere Informationen zu den teilnehmenden Experten unter:

www.rbbr.net
www.cardiac-communication.net
www.sellaband.de
www.napalmrecords.com
www.musikfonds.at

Foto: John Coffey