Zwischen Melancholie und eingängigem Synth-Pop mit Another Vision

Inbetween ist das Erstlingswerk der Band Another Vision (soda. mit himbeer). Mit insgesamt 12 Songs präsentieren Moritz Kristmann & Michael Schmücking ein Album mit feinstem Synth-Pop.
Von Philipp Spiegl

„Rieger“ eröffnet das Album zuerst mit einem kurzem Synth intro, dann selbstbewusst mit treibenden Basslines, schiebenden 80er Drums und eine Melodie, die mich gleich mitreißt. Auch der Einsatz von Gitarren ist sehr geschmackvoll gewählt, nie zu viel, nie zu wenig. Rieger macht genau das, was ein guter Opener soll – Lust auf mehr.

Darauf folgt „Happier“, auch hier grooven die Drums und der Refrain lässt uns wieder ganz in die Welt von Another Vision eintauchen. Der Text vermittelt Melancholie „I wish I could be somewhere else,“ doch die Musik macht uns Hoffnung.
„Seis“, eine instrumentales Intro, klingt zu Beginn wie eine Synth-Wave Interpretation von einer Kreuzfahrtschiff Polka und wirkt etwas deplatziert. Der nahtlose Übergang in die zügige Indie-Pop Nummer „Swipin“ ist dann zugegeben doch gelungen. „Swipin“ und „Control“ erinnern beide an Bands wie Metronomy oder roosevelt, ohne diese zu kopieren. Another Vision transportieren viel Bass und füllen ihre Songs, ohne sie zu überfüllen.

„Heartbeat“ ist sachter, hält sich mehr zurück als die vorangegangen Songs, hält aber zu sehr an der bisherigen Formel fest um interessant zu wirken. der zweite Chorus baut sich dann aber spektakulär auf – die Gitarren ziehen uns hinein, die Drums halten uns fest und die Synthesizer lassen uns dann frei. „you fade away, I let go“ – und genau so klingt es.
Mit „Mon Amour“ bittet uns Another Vision zum Tanz, und wie eine, von der Flöte beschworenen Schlange, können wir uns nicht halten und schwingen im Takt mit. Die Vocals sitzen sehr weit vorne im Mix, was an manchen Stellen etwas irritiert, das unterhaltsame Instrumental muss sich manchmal um die erste Reihe kämpfen.

Nach knapp 20 Minuten kommt endlich, worauf ich zu Beginn schon gewartet habe. „Juno“ fährt starke, laute Synthis mit viel Punch auf und liefert so den Soundtrack zum nächsten Drive Film.
„Game for Anything“ wirkt etwas wie ein Lückenfüller, die Bridge unterhält zwar, sonst bietet der Song nicht viel. Another Vision können Songs mit Ohrwurmqualität schreiben und auch hier, schafft es die Band, dass man den Chorus im Kopf behält, jedoch bedient sich der Song der bisherigen Formel und dadurch entsteht ein „Den Wald vor lauter Bäume nicht sehen“ Szenario.

Das Interlude „hilber“ ist mit 46 Sekunden der kürzeste Track des Albums, was fast ein bisschen schade ist, denn das kurze Instrumental hat viel an spannenden Sounds zu bieten und um alles zu entdecken, muss man es zweimal hören.
„Head in the Clouds“, präsentiert sich schon fast fröhlich und versprüht direkt gute Laune. Es wird gleich klar, warum die Band diesen Song als zweite Single veröffentlicht hat. Gut gelungener Pop der Abwechslung bringt und den man beim Autofahren laut aufdreht und bei offenen Fenster mitsingt. Gerne hätte ich diesen Song etwas früher in der Tracklist gehabt.
Another Vision verabschieden sich ohne lauten Knall, sondern mit einem Fade out nach 36 Minuten. „Like Me“ zeigt sich melancholisch, blickt zurück und lässt uns gehen.

Inbetween ist ein schönes Synth Pop-Album, die Band kennt ihre Stärken und spielen sie bei jeder Gelegenheit aus. Selbst wenn sie sich wiederholen, können sie unterhalten.
Selten hat ein grundsätzlich melancholisches Album so viel Spaß gemacht und sich trotzdem an zu jedem Zeitpunkt authentisch anfühlt.