Singing in the dark: Mit der Popmusik in den Tod

Der Umgang mit dem Tod in der Popmusik hat etwas Spielerisches. Von Requien über Nick Cave bis hin zu Wanda – Mundtote gibt es hier nicht. Aber kann das Tabu Tod durch Musik eigentlich gebrochen werden?
Von Diana Suteu

 

kool shooters

 

Zu den zentralsten Themen der Popmusik gehören neben der Liebe auch ihr Verlust und der oft damit gleichgesetzte Tod – auch wenn diese Verbindung auf den ersten Blick übertrieben scheint. Der Verlust der Teenageliebe bringt immerhin nicht automatisch den Tod mit sich. Dass jede*r von uns einmal sterben muss ist ein Fakt, der uns zwar bekannt ist, aber dennoch mehr oder weniger in den Tiefen unseres Bewusstseins versteckt bleibt. Während das Gros der Gesellschaft es lieber vermeidet darüber zu sprechen, geht das Thema singend wohl leichter über die Lippen.

Dass Kunst – sei es nun Literatur, Malerei oder Musik – als Katalysator der eigenen Emotionen und Gedanken fungiert ist nichts Neues. Während unangenehme Themen im Alltag und in der Sprache gern verdrängt werden, bekommen sie durch Musik einen Platz in der Realität. Sobald die Begriffe „Tod“ und „Sterben“ im Alltag aufkommen, verziehen sich viele Gesichter. Deren Tragik wird in der Musik allerdings in klangvolle Konstruktionen verpackt und begegnen den Hörer*innen entweder ehrlich, abstrakt, direkt oder sogar auf groteske Weise. Man denke dabei an die österreichische Band Wanda, die wahrscheinlich mehr Songs über das Sterben geschrieben hat als sie Gräber graben kann.

Das Sterben zu beschönigen oder durch melancholische Abstraktion darzustellen kommt bei Marco Michael Wanda offenbar nicht in Frage. Er geht das Thema lieber überspitzt und humorvoll an: „Auch wenn ich in Gucci sterbe / Bin ich nackt unter der Erde“ („Die Sterne von Alterlaa“). Manchmal sehnt er sich in seinen Texten sogar den Tod herbei „Ich will zum Himmel fahr’n / So schnell, wie es geht“ („Schickt mir die Post“).

Vielleicht eine Anlehnung an die englische Redewendung „Please, kill me“? Das himmlische Leben nach dem Tod soll immerhin schöner sein als das auf der Erde – erzählt man sich zumindest. Sich den metaphorischen Tod zu wünschen, kommt daher für uns Sterbliche zumindest redensartlich eher in Frage als sich besonders unangenehmen Situationen zu

stellen. Humor und Übertriebenheit sind eben ein wichtiger Teil menschlicher Bewältigungsstrategien. Um seine Todesangst zu verarbeiten, blickte The Cure Frontsänger Robert Smith 1989 mit „Lullaby“ seinem Tod ins Auge. Dafür gibt es einige Interpretationsweisen, die von Drogenmissbrauch bis hin zur Schlafparalyse reichen. Was jedoch alle Interpretationen gemeinsam haben ist die Angst vor dem Tod. Die unverblümte und zugleich märchenhafte Erzählung seines Alptraums raubt ihm seine Ernsthaftigkeit und zieht ihn in Verbindung mit der Visualisierung des Traums fast ins Lächerliche.

Die Suche nach Trost in der Musik kann Abhilfe schaffen, wenn Ereignisse uns zu erdrücken scheinen. So zwingt vor allem der Tod von nahestehenden Personen uns mit diesen starken Emotionen auseinanderzusetzen. Singer-Songwriterin AVEC erzählte in einem MICA-Interview: „Ich war nie so wirklich gut darin, über meine Gefühle zu reden, und tat dies daher in meinen Texten.“ „I Don’t Pray“ widmet sie ihrem verstorbenen Onkel und findet so einen Weg sich von ihm zu verabschieden.

 

Der Tod mag überfordernd auf uns wirken – Der spielerische Umgang in der Popmusik entschärft seine negative Wirkung und betont diese gleichermaßen. Das musikalische Spektrum dafür ist groß und reicht von der Klassik bis hin zur heutigen Popmusik. Wenn man genau hinhört, findet man vielleicht die für sich geeignetste Umgangsform in der Musik. Und vielleicht gelingt es der Popmusik mit ihren Lyrics einen offeneren Zugang in die Köpfe der Hörer*innen zu injizieren. Wenn nicht beim ersten, dann ja vielleicht beim zweiten Mal hinhören.

 

 

Foto: (c) Kool Shooters