Walter Sitz
Unser Drummer des Monats ist diesmal Walter Sitz. Er ist hinter den Drums sehr vielseitig unterwegs, spielt auch diverse andere Instrumente und schreibt gerade an einem Buch über die Auswirkung von Rhythmus auf den Körper. Im Gespräch hat er uns erzählt, wie es zu seinen Gigs mit Fendrich und Danzer kam und warum für ihn die Snare das Herzstück eines jeden Drumsets ist.
von Patrick Tilg
Als Fan von Pop-Kultur sind mir bei deinem Werdegang vor allem ein paar Größen des Austro-Pop aufgefallen. Wie kam es zu den Engagements bei Fendrich und Danzer?
Long story short: Ich bin damals jeweils für Stephan Maass als Substitut eingesprungen.
Verstehe, aber ist der Austro-Pop dennoch ein Genre, das sich durch dein Schaffen durchzieht? Mit der Quetschwork Family sind ja auch Facetten davon zu hören.
Eigentlich nicht. Ich bin generell in sehr unterschiedlichen Genres unterwegs und mag das auch sehr gerne. Aber es stimmt, Texte schreibe ich mittlerweile – wenn ich es mir aussuchen kann – am liebsten im Dialekt, weil ich mich so am besten authentisch ausdrücken kann.
Auch Einflüsse aus der Volksmusik sind da zu hören – welche Verbindung hast du zur Volksmusik?
Ich hatte eigentlich nie besonders viele Berührungspunkte mit Volksmusik. Viel eher war meine Jugend von Bands wie Queen, den Red Hot Chili Peppers oder auch Keziah Jones geprägt. Im Zuge meines Jazz-Schlagzeug Studiums am Konservatorium Wien (heute MUK) sind dann neben dem Jazz selbst auch noch viele andere Musikrichtungen wie z.B. World Music und Fusion – wenngleich ich das Wort eigentlich nicht mag – hinzugekommen. Volksmusik noch immer Fehlanzeige. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich da immer gewisse Vorbehalte. Der Connect dazu kam dann erst später und eher zufällig über die Steirische Harmonika. Als Komponist hat mich die Idee gereizt, die Grenzen dieses diatonischen Instruments auszureizen und es in einem popmusikalischen Kontext zu stellen. Die Band, die daraus entstand ist die Quetschwork Family und ich würde die Musik, die wir machen, am ehesten als Dialekt-Pop beschreiben.
Dialekt-Pop beschreibt es auch tatsächlich ganz gut.
Ansonsten bist du ja schon auch im Fusion und Jazz zuhause, wie es etwa bei deinem Walter Sitz Trio zu hören ist. Für welche Musikrichtung würdest du dich entscheiden, wenn du ab heute nur mehr ein Genre spielen könntest?
Ich halte es da mit Louis Armstrong. Der hat gemeint: „Es gibt nur zwei Arten von Musik: gute und schlechte“. Ich verstehe „Genres“ eigentlich eher als Marketing-Tool, um Musik für uns als „Endverbraucher*innen“ zu kategorisieren. Als Künstler denke ich eigentlich in gar keinen Schubladen. Einige meiner Trio-Tunes würden mit Lyrics und in einer anderen Instrumentierung wahrscheinlich auch als Pop-Songs funktionieren. Insofern verschwimmen da die Grenzen ohnehin. Oder wenn wir schon von Louis Armstrong, einem der berühmtesten Jazz-Musiker aller Zeiten, reden: Ist sein Hit »What A Wonderful World« Jazz? Nein…
Insofern sage ich, ich würde mich für „gute Musik“ entscheiden… hahaha.
Was würdest du – neben den oben bereits genannten – noch als Highlights deiner musikalischen Laufbahn sehen?
Sicher die Zusammenarbeit mit Joe Zawinul. Ich hatte die große Ehre, für fünf Konzerte mit ihm die Bühne zu teilen. Daraus hat sich dann mein Engagement in der Band seines langjährigen Zawinul Syndicate-Gitarristen Amit Chatterjee ergeben, worüber ich sehr froh bin. In weiterer Folge bin ich auch bei der Band The Syndicate – der Weiterführung des originalen Joe Zawinul Syndicates nach Joes Ableben – den Drum-Part beigesteuert.
Wo liegt zurzeit dein Fokus als Drummer?
Ende November werden gleich zwei Alben released, bei denen ich (unter anderem) an den Drums gesessen bin. Die Produktionen könnten dabei nicht unterschiedlicher sein. Zum einen erscheint mit „Na guade Weihnacht“ unser drittes Quetschwork Family Album, bei dem ich als Komponist, Gitarrist, Drummer und Produzent federführend war und zum anderen wird im Moment gerade das Album unseres brandneuen Projekts EKKO IIIgemastert. Die Stücke darauf sind allesamt bei einer eintägigen Jam-Session im Studio entstanden, gemeinsam mit Gerald Gradwohl an der E-Gitarre und Jojo Lackner am E-Bass. Das war eine extrem spannende Erfahrung, mit null Vorgabe bzw. Plan auf „record“ zu drücken und einfach zu schauen, was am Ende dabei rauskommt. Wir haben im Anschluss das Material gemeinsam gesichtet und Jojo hat dann 12 Tunes daraus produziert. Und ich muss sagen, ich bin mega-happy mit dem Ergebnis! Das gilt übrigens für beide Alben.
Gibt es aktuell eine*n Künstler*in aus Österreich, die du richtig gut findest? Wenn ja, warum?
Ja, es gibt viele österreichische Acts, die ich mag. Ich finde, dass die Produktionen vieler Bands immer internationaler klingen und somit auch dem Vergleich standhalten, wie das natürlich Parov Stellar und Bilderbuch vormachen. Spontan fallen mir da die Band Sladek, Lou Asril, Onk Lou oder auch Erik Asatrian ein. Ich find ebenso Norbert Schneider und den blonden Engel gut, weil die einfach super Geschichten mit ihren Songs erzählen.
Hörst du das dann eher auf Schallplatte oder Playlists – und warum?
Ich streame. Plattenspieler wäre eindeutig die coolere Antwort, aber leider nein. Vielleicht wenn die Kinder größer sind. hahaha.
Wo du von Kindern sprichst – blicken wir noch einmal etwas zurück in deinem Leben: Wo und wie hast du das Drummen gelernt? Autodidaktisch oder mit Lehrer*innen und was hat dich dazu bewegt?
Ich spiele seit meinem zwölften Lebensjahr Schlagzeug und hatte von Anfang an Musikschulunterricht. Für mich ist das aber keine „Entweder/Oder“-Sache. Ich denke ich hab heute mindestens so viel autodidaktisch gelernt, wie von meinen damaligen Lehrern.
Zum Schlagzeug bin ich damals über einen Freund von mir gekommen. Der hatte eines und ich war sofort verliebt in dieses Instrument. Mit dreizehn Jahren wusste ich, dass ich das beruflich machen will und weiß es immer noch.
Wann und warum kamen dann weitere Instrumente dazu oder waren die vorher schon da?
Vor dem Schlagzeug habe ich bereits Blockflöte und Klavier gelernt. Später ist dann im Zuge meiner Ausbildung zum Sozialpädagogen mein heutiges Zweitinstrument – die Gitarre – dazu gekommen.
Kannst du uns kurz beschreiben, welchen Song du bei der Live-Session in der beatboxx gespielt hast?
Der Tune „Grand Idea“, oder zumindest Teile daraus sind eigentlich Bestandteil meines Lehrbuchs zum Thema Rhythmus, an dem ich gerade arbeite. Für den Auftritt in der beatboxx hab ich dann einfach einen Tune daraus gebastelt.
Oh, sehr spannend – worum geht’s in deinem Buch genau?
Genau genommen handelt es sich um ein innovatives blended learning Konzept in Form zweier Bücher und einer App für alle Musikschaffenden, sowie für den Musik- und Tanzunterricht.
Dafür habe ich eine Methode entwickelt, bei der immer die Auswirkung von Rhythmus auf den Körper im Fokus steht. Das Coole daran ist, dass es für alle Instrumentalist*innen, Sänger*innen und Tänzer*innen gleichermaßen funktioniert. Wenn alles gut geht, kommt „Rhythm Aid“ im Sommer 2023 auf den Markt.
Was macht für dich einen guten Drumsound aus? Gibt es da eine Geheimformel oder ist das für jeden Act und für jedes Genre unterschiedlich? Etwa eine Spezial-Snare oder bestimmte Recordingmaßnahmen – oder doch einfach das „Feeling“?
Das Drumset ist ja mitunter das am schwierigsten zu recordende Instrument. Ich beneide da immer Bassisten oder Keyboarder. Plug and Play sozusagen…
Ganz generell ist es für mich beim Drumset wichtig, dass der Blend aller Mikros ein großes Ganzes ergibt. Trotz vieler Trommeln, Becken und in weiterer Folge oftmals vieler Mikrofone muss es für mich immer nach „einem“ Instrument klingen. Die Art und Weise der Aufnahme hängt dann von dem gewünschten Sound der Produktion ab. Ich mag es aber in der Regel, wenn die Drums nicht zu steril daherkommen. Ein bisschen ein „Dreck“ muss schon drinnen sein…
Was das Instrument selbst betrifft, so ist für mich das Tuning der Trommeln ein sehr entscheidender Faktor. Ich versuche hier immer, vor allem bei den Bass- und Snaredrums, mit der Tonart des Tunes mitzugehen, ohne den Trommelsound an sich zu kompromittieren.
Welches Teil am Schlagzeug hat dich schon immer am meisten fasziniert?
Die Snare-Drum ist heute mehr denn je das Herzstück eines jeden Drumsets. Ich finde es nach wie vor genial, wie sehr dieser „eine“ Sound den ganzen Charakter eines Songs bestimmen kann.
Was hältst du als Drummer von synthetischen und programmierten Drums und Beats?
Ich finde elektronische Beats und Elemente super. Im Grunde ist es mir als Musikkonsument egal, ob etwas akustisch gespielt ist oder programmiert ist, solange es gut klingt. Natürlich stehe ich auf echte Drums, aber ich mag es auch, wie sich die beiden Welten gegenseitig befruchten und verwende auch selbst gerne Trigger in meinem Live-Setup.
Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Wieder so eine Frage! Doppelter Espresso würde wieder super klingen, aber – I admit it: Ich bin der klassische Oatmilk Macchiato-Typ, wenn es den irgendwo da draußen gibt.
Foto: © Hirandnow
Live zu sehen:
03.11. Belfalas // Steyr // Kulturzentrum Röda
19.11. Hub5 // Schwaz, Tirol // Galerie Unterlechner
24.11. Quetschwork Family // Waidhofen, Ybbs // Plenkersaal
26.11. Quetschwork Family // Weitersfeld // Widdersaal
29.11. DuoSitz // Mauer // LK Mauer
30.11. Quetschwork Family // Wien // Vindobona
01.12. Mehdi Chamma Group // Wien // Sargfabrik
08.12. Quetschwork Family // Grafenegg // Schloß Grafenegg
10.12. Quetschwork Family // Steyr // Kulturzentrum Akku
11.12. Quetschwork Family // Steyr // Kulturzentrum Akku
16.12. DuoSitz // Waidhofen // LK Waidhofen