Thomas Gieferl

Der Name Thomas Gieferl taucht momentan bei einigen der angesagtesten Künstler des Landes auf. Da wären Namen wie Onk Lou, Avec, Thomas David oder auch Sakura die momentan unsere Musiklandschaft verschönern und unseren Drummer des Monats November als Rhythmuschef im Gepäck haben. Im Interview erzählt er uns warum er sein Practicepad sogar im Urlaub dabei hat und warum das Ausprobieren und Kreieren von neuen Sounds und Musikstilen so wichtig für ihn ist. Neben seiner Tretboot-Tour im Sommer schildert er uns auch was in den kalten Monaten noch ansteht und auf was man sich in naher Zukunft freuen darf.
Adam Zehentner

Wie hat alles begonnen? Gibt es einen prägenden Moment, der dich zum Schlagzeug führte und wie hat deine musikalische Ausbildung ausgesehen?

Bei mir hat es schon sehr früh begonnen, da ich in einer sehr musikalischen Familie groß geworden bin. Mein Vater hat immer Bands gehabt die bei uns im Haus geprobt haben. Dementsprechend war das Erste, was mich als Kind interessiert hat, die Musik im Proberaum, wenn sie abends geprobt haben. Ich hab zuhören können bis ich schlafen gehen musste. Da war ich so drei, vier Jahre alt. Ich war damals schon immer sehr fixiert auf den Schlagzeuger und dachte mir: „Wow das ist geil, das will ich auch mal machen“. Ich denke, das war das prägendste in diese Richtung. Mein Vater hat das dann auch schnell erkannt und hat mit mir dann jede Woche in unserem Proberaum Musik gemacht. Dabei hat er meistens Gitarre oder Saxofon gespielt und ich habe als kleines Kind versucht dazu zu trommeln. Später als ich schon ein wenig spielen konnte und mit meiner Mama auf Papas Konzerten war, durfte ich meistens einen Song auf dem Schlagzeug oder den Percussions mitspielen. Das waren meine ersten Auftritte im ganz jungen Alter. Da war ich so fünf, sechs Jahre alt, glaube ich. Mit sechs Jahren hatte ich begonnen in der Musikschule Bad Gleichenberg-Fehring Schlagzeug-Unterricht zu nehmen. Dort habe ich bei Heiko Neubauer zehn Jahre Schlagzeugunterricht genossen. Nach diesen zehn Jahren habe ich dann das BORG Bad Radkersburg besucht, wo mich Klemens Prassl, der mich dann ein wenig in die Jazz-Materie gebracht hat, unterrichtet hat. Nach einem Jahr Unterricht und Vorbereitungszeit bei Klaus Fürstner, wurde ich an der Jazzabteilung in Graz aufgenommen. Dort habe ich drei Jahre lang Jazz-Schlagzeug studiert. Danach bin ich nach Wien gegangen und habe dort mein IGP-Schlagzeugstudium (Instrumental- und Gesangspädagogik) fertig gemacht.

Du unterrichtest mittlerweile selbst an der Musikschule, an der du das Spielen gelernt hast. Wie ist das für dich, dass dein ehemaliger Lehrer auf einmal dein Kollege ist und wie lange machst du das schon?

Das ist sehr positiv für mich, weil ich mich mit meinem Lehrer immer sehr gut verstanden habe und das noch immer tue. Jetzt ist es eben nicht mehr dieses Lehrer-Schüler-Verhältnis, sondern man trifft sich tauscht sich aus, spielt gemeinsam und checkt gemeinsam Sachen aus. Das ist sehr inspirierend. Das besondere für mich ist, dass ich nach so langer Zeit in Graz und Wien, in der ich bis jetzt sehr viel dazugelernt habe, immer noch Neues von ihm lernen kann. Das macht für mich auch einen guten Lehrer aus. Mittlerweile unterrichte ich seit knapp zwei Jahren, an zwei Nachmittagen in der Woche.

Du warst und bist Teil von vielen verschiedenen Projekten die sich auch stilistisch teilweise sehr unterscheiden, dennoch schaffst du es überall zu klingen als, ob du nie andere Musik gemacht hättest. Hast du einen Ansatz oder eine Herangehensweise, wenn du mit einer neuen musikalischen Umgebung konfrontiert wirst?

Das Interesse und die Auseinandersetzung mit vielen verschiedenen Musikstilen hat sich eigentlich immer durch meine Kariere gezogen. Meine ersten Bands, in denen ich gespielt habe, waren Punk/Rock/Ska Bands. Nach und nach hat sich bei mir auch das Interesse zum Jazz entwickelt und das habe ich dann in meinem Studium intensiviert. So ist es immer weitergegangen und all diese vielen verschiedenen Einflüsse haben mich zu dem Schlagzeuger gemacht, der ich heute bin. Das Wichtigste, wenn man mit einer neuen musikalischen Umgebung konfrontiert wird, ist meiner Meinung nach, das intensive Auseinandersetzen mit dem Stil/Genre/Sound. Das heißt für mich, sich mit Künstler*innen/Musiker*innen/Bands auseinanderzusetzen, die dieses und jenes Genre geschichtlich geprägt haben und gerade prägen bzw. aktuell sind. So mache ich das zumindest. Sich mit neuen Musikstilen zu konfrontieren und diese zu spielen, entsteht bei mir natürlich auch, wenn Anfragen von verschiedensten Künstler*innen kommen, um mit ihnen live oder im Studio zu spielen. Ich lerne bei jedem Projekt viel Neues dazu.

Man hat das Gefühl, du warst trotz der Pandemie sehr aktiv in den letzten Monaten. Da waren Dinge wie das Mitwirken bei „The Pandemic Orchestra“ oder auch die Tretboot-Tour mit Thomas David. Wie kam es zu diesen Dingen und wie gehst du es an, dass du in so einer schwierigen Zeit für Künstler öffentlich präsent bleibst?

Grundsätzlich bin ich ein sehr getriebener Mensch. Ich muss und will eigentlich immer etwas machen. Die Sache mit dem „Pandemic Orchestra“ hat ein Freund von mir aus Deutschland ins Leben gerufen. Er hat mich angerufen und meinte, dass er eine EP für Charity-Zwecke macht und in dem Zuge gefragt, ob ich da für einen Song Drums einspielen und recorden will. Die Tretboot-Tour ist so entstanden, dass ich als der Lockdown gerade vorbei war und man wieder hinausgehen konnte, auf der Donauinsel gesessen bin und eine Traube an Tretbooten gesehen habe. Als ich dort hinsah, bemerkte ich, dass die Leute dauernd geklatscht haben. Ich hatte nicht genau gehört oder gesehen, was diese Menschen da draußen gemacht haben, aber es sah nach einem Firmentreffen oder sowas Ähnlichem aus. Danach hab ich mir gedacht, dass es doch perfekt wäre, wenn man in diesem Sinne einen Weg findet auf dem Wasser Konzerte zu spielen. Da hätten die Leute genug Abstand zueinander und könnten trotzdem Musik genießen und Konzerte besuchen. So entstand die Idee. Irgendwann später telefonierte ich mit Thomas, bezüglich ein paar Proben und Recording-Sessions. Bei diesem Gespräch habe ich ihn gefragt, was er denn von dieser Idee hält und er meinte gleich, er würde es super finden und so haben wir das dann zu zweit gestartet. Grundsätzlich glaube ich aber, dass es keinen konkreten Plan gibt, wie man es in dieser schwierigen Zeit angehen kann und präsent bleiben kann. Einfach dran bleiben und das machen, wofür man brennt. Auch wenn die Corona-Zeit unfassbar schwierig war und nach wie vor ist, hat mir die Zeit nur noch mehr gezeigt, dass ich nichts anderes außer Musik und Schlagzeugspielen machen will und unfassbar froh bin, das auch machen zu können.

Wenn man dich in den sozialen Medien verfolgt, fällt schnell auf, dass du durchaus Wert auf dein Equipment legst. Hast du da Präferenzen  und kann es sein, dass du ein Faible für Vintage Drums hast?

Ja ich liebe den ganzen Vintage-Kram. Ich finde ein gut erhaltenes, altes Schlagzeug trägt eine lange Geschichte und Leben in sich, da schon so viel darauf gespielt worden ist. Abgesehen davon stehe ich auch auf den Sound, von diesen alten Trommeln. Was Equipment angeht, würde ich mich generell als ziemlichen Nerd bezeichnen. Für mich gibt es nichts Schöneres als neue Instrumente, sei es Electronics, Percussions, Becken usw., auszuprobieren und an neuen Sounds zu basteln. Neue Instrumente beeinflussen auch mein ganzes Spiel und meinen Sound, der mir extrem wichtig ist. Deswegen versuche ich meinen persönlichen Sound immer weiterzuentwickeln und das macht mir großen Spaß.

Hast du dabei einen gewissen Grundsound den du verfolgst?

Ja ich glaube schon, dass ich meinen eigenen Sound  habe, den ich überall mitbringe und der mich ausmacht. Ich denke jede/r Schlagzeuger*in hat so seinen Sound, den man im Laufe seines musikalischen Lebenswegs entwickelt. Für mich persönlich ist diese Weiterentwicklung, im Sinne von „was kann man da noch rausholen“ im Mittelpunkt. Das macht mich unter anderem auch flexibler. Wenn ich bei Projekten oder in Bands spiele, bei denen spezielle Sounds gebraucht werden, ist das für mich immer wieder eine Inspiration, um neue Sounds und Ideen einzubringen und auszuprobieren. Wenn ich mir denke „das kenne ich noch nicht“ oder „das habe ich noch nie gemacht“ sehe ich das immer auch als Herausforderung. Dann arbeite ich mir diese neuen Themen aus und lerne sie musikalisch anzuwenden.

Du ergänzt gerne elektronische Sounds zu deinem Set die du mit deinem Roland Samplepad  ins Spiel bringst. Ist dieser Mix aus akustischen und elektronischen Klängen mehr der Musik, die du spielst geschuldet, oder verbirgt sich dahinter auch ein persönliches Interesse?

Ich glaube, es ist beides gleichzeitig. Das Interesse, akustische und elektronische Sounds zu kombinieren, war schon da, bevor ich mir das Pad gekauft habe. Ich wollte so etwas unbedingt in mein Drumset einbauen und damit Musik machen. Es wurde einfach Teil von meinem Setup und es macht auch richtig Spaß damit zu spielen. Ich will mit meinem Spiel immer, die Musik, die ich gerade spiele, bestmöglich unterstützen und bereichern. Mit dem Pad kann man sehr kreativ sein, da einem dadurch soundtechnisch einfach noch mehr Türen offen stehen.

Ist es eine große Herausforderung den Klang bzw. die Sounds so hinzubekommen, dass es auch mit dem akustischen Set zusammenpasst?

Nein, finde ich nicht. Ich finde es aber spannend, akustisch aufgenommene Sounds und Samples so zu verändern, dass sie sich wieder elektronisch anhören.

Machst du diese Samples dann selbst?

Teilweise. Ich nehme natürlich selber Sachen auf und verändere sie, aber ab und zu ist es auch so, dass die Sounds in den Songs oder Produktionen schon fix stehen und die Sounds/Samples dementsprechend schon vorhanden sind. In diesen Fällen verwende ich die originalen Samples.

Hast du zwischen all dem noch Zeit um zu üben und falls ja, wie sieht eine Übungseinheit bei dir aus?

Üben ist für mich extrem wichtig. Ich bin immer sehr bemüht, dass ich Zeit dafür finde. Das ist natürlich nicht immer möglich, z.B. wenn man auf Tour ist, aber mein Practicepad ist grundsätzlich immer dabei. Auch bei fast jedem Urlaub. Ich übe also auf jeden Fall regelmäßig. Das Üben selbst sieht bei mir so aus, dass ich versuche mir gewisse Themen vorzunehmen, an denen ich arbeiten möchte. Diese verfolge ich dann nicht nur kurzfristig, sondern versuche die jeweiligen Themen ein bis zwei Monate intensiver zu üben. Am Anfang einer Übungssession dreh ich mir meistens Tracks, die ich mag oder auch neu entdeckt habe, auf und spiel einfach mal eine halbe Stunde dazu. Ich schreibe mir auf, welche Themen oder Übungen ich angehen will und erstelle mir dann zusätzlich einen genauen Timetable, wie lange ich welche bestimmten Schritte mache. Das ist natürlich auch immer davon abhängig wie viel Zeit ich an dem jeweiligen Tag zur Verfügung habe.

Was beschäftigt dich momentan am meisten bzw. wo steht was Neues an?

Es ist momentan sehr spannend, da das ganze „AVEC“ Live-Programm, auf das ich mich schon sehr freue, ansteht und geprobt wird, wobei die Tour jetzt natürlich wieder auf 2021 verschoben worden ist. Mit „Onk Lou“ arbeite ich gerade an einem Duo-live-Setup, für die Albumrelease Tour, die im März 2021 stattfindet soll. Für „Sakura“ spielen wir momentan im Studio das neue Album ein und bei mir zu Hause bin ich auch für verschiedene Projekte und Produktionen am Drums recorden. Ende des Jahres wird meine Freundin, Ursula Reicher, ihr  neues Soloprojekt „KCIT“ produzieren und ein Live-Set ausarbeiten, in dem ich ebenso involviert sein werde.

Da du dich selbst schon als Equipment-Nerd bezeichnet hast, wäre die letzte Frage, was dein Lieblingsteil an deinem Schlagzeug ist?

Ich habe eigentlich zwei Lieblingsteile in meinem Setup, nämlich zwei Snaredrums. Einmal die Ludwig Supersensitive Snare aus den Siebzigern von meinem Vater. Das war die allererste Snaredrum auf der ich das Trommeln gelernt habe. Die zweite Snare ist eine Ludwig Acrolite aus den Neunzigern, die mir meine Freundin zum Uniabschluss geschenkt hat. Die zwei sind eigentlich immer im Einsatz, sowohl live, als auch im Studio.

Fotos: Martin Morscher, Bernhard Wimair