Gernot Weller

Sommer ist bekanntlich Festivalzeit. Bist du gerade viel unterwegs und im Einsatz?

Eigentlich nicht, da ich gerade mit Prometheus an den Vorbereitungen zum neuen Album arbeite, welches kommendes Jahr erscheinen soll. Davor haben wir mindestens jeden Monat gespielt, aber momentan brauchen wir die Zeit einfach, um das Album fertig zu stellen.

Prometheus hat ja ursprünglich als Soloprojekt eures Sängers, Matthias „Waldo“ Waldner begonnen. Wie ist er auf dich gestoßen?

Ich kenne ihn schon seit zwanzig Jahren und wir haben schon gemeinsam in anderen Formationen gespielt. Als er gemeint hat, dass er sein Projekt nach außen tragen und auf die Bühne bringen will, war es für ihn naheliegend, mich zu fragen, denn wir haben praktisch gemeinsam mit dem Musizieren begonnen, damals im Haus meiner Eltern. Wenn man schon so lange miteinander spielt, dann hat man einfach eine eigene Energie und man kennt sich in- und auswendig.

Wann hat dein musikalisches Interesse generell begonnen, sich zu entwickeln?

Mit fünfzehn. Davor war ich eher sportlich unterwegs. Vor allem Kampfsportarten – beziehungsweise Kampfkünste, denn ich habe es nicht so wirklich als Sport betrieben. Ich habe dann einige Zeit lang beides gleichzeitig betrieben und habe mir dann irgendwann die Frage gestellt, was ich davon weitermachen will. Ich habe mir dann gedacht: Okay, ich will nicht mit 35 ein körperlicher Krüppel sein – denn das bist du mehr oder weniger, wenn du Kampfsport betreibst – und dann war die Musik einfach stärker. Auch weil mein Vater und meine Schwester bereits in Bands gespielt haben. Dass es das Schlagzeug geworden ist, dafür war wahrscheinlich das Interesse an der Motorik ausschlaggebend. Beim Kung Fu hast du auch bestimmte Bewegungsabläufe und beim Schlagzeug hast du diesen motorischen Aspekt eben besonders stark mit Koordination und Unabhängigkeit.

Eure früheren Sachen bei Prometheus wurden von Sänger Waldo selbst geschrieben und produziert. Seit einiger Zeit schreibt ihr gemeinsam die Nummern. Wie hat sich eure Musik durch die gemeinsame Arbeit verändert und was bringst du dabei in die Band ein?

Es hat auf jeden Fall die Musik beeinflusst, denn bei den früheren Sachen hat Waldo zum Beispiel die Drums selbst, nach seiner Vorstellung, programmiert. Als Sänger und Gitarrist überlegst du dir halt nicht immer so genau, wie viele Hände du für einen bestimmten Drumpart wirklich brauchst oder ob sich das gut ausgeht. Ich habe die programmierten Sachen auch nicht alle eins zu eins umgesetzt. Wir sind uns aber sehr wohl bewusst, was Prometheus ist und dementsprechend kann ich darauf einwirken, wenn ich weiß, wie das Produkt klingen soll. Ich greife ja auch recht viel in die Songs ein, da mir das Arrangieren generell ziemlich taugt und mittlerweile sind die Songs ein Produkt von uns allen gemeinsam. Wobei ich jetzt nicht wirklich Gitarre oder Klavier spielen kann, sondern ich bin eher der Fachtrottel. Aber vom Schlagzeug aus Strukturen zu arrangieren, quasi als dirigierender Schlagzeuger, das mache ich gerne.

A propos Fachtrottel: Wo hast du dein Handwerk gelernt? Hattest du Unterricht?

Ich habe in der Musikschule in Mödling und in Gumpoldskirchen bei Michael Stocker Unterricht gehabt. Da war ich circa drei Jahre lang und wollte dann unbedingt studieren und mehr oder weniger die schulische Schlagzeug-Laufbahn weiterverfolgen. Er hat mir dann aber geraten, nicht zu studieren und gemeint: Gernot, ich glaube nicht, dass das Studieren das ist, was du eigentlich willst. Denn du bist nachher nicht unbedingt ein besserer Schlagzeuger, sondern hast es nur Schwarz auf Weiß stehen und musst aber viele Sachen machen, die dich gar nicht interessieren. Das kann man natürlich nicht über einen Kamm scheren, aber ich habe mich daraufhin dagegen entschieden und bin gleich dazu übergegangen, in diversen Bands zu spielen und viel zu proben. Ich bin dem Michi auch im Nachhinein sehr dankbar, er war eigentlich immer mein Mentor, wenn man so will und hat mich stark beeinflusst.

Schaut man sich auf deiner Facebookseite die von dir genannten Vorbilder und Einflüsse an, trifft man auf eine sehr große stilistische Vielfalt. Bist du quasi phasenweise vom Einen zum Anderen gekommen über die Jahre oder warst du von Anfang an auf Vielseitigkeit bedacht?

Mich hat eigentlich von Anfang an die Power von den Metal-Sachen der 90er, wie Pantera oder Machine Head, beeindruckt. Das wollte ich unbedingt auch können. Aber wenn ich nur für mich spiele, dann spiele ich solche harten Sachen eher wenig, sondern versuche alle Möglichkeiten, die andere Musikstile bieten, abzudecken. Das Ganze war und ist ein Prozess, der meist mit neuen entdeckten Platten oder Bands vorangeschritten ist. Was mir auch sehr taugt, ist programmierte Beats am Set umzusetzen. Programmierte Beats von Radiohead oder Michael Jackson zum Beispiel.

Bei den einzelnen Drummern im Speziellen war es so, dass ich mir immer einen herausgesucht habe, um zu schauen, um was es dabei jeweils geht. Es war aber eigentlich nie so, dass ich mir gedacht habe: Das ist es jetzt! Vielmehr ist alles mit eingeflossen in meinem Prozess und man entdeckt ja auch immer wieder Neues.

Du hast seit einiger Zeit auf deiner Seite eine Videoserie laufen, bei der du jeweils mit einem anderen Schlagzeuger eine Session spielst. Dass zwei Drummer miteinander jammen, ist ja nach wie vor eher selten. Wie kam dir die Idee dafür und was denkst du, kann man als Drummer daraus mitnehmen?

Ich habe einfach viele Schlagzeuger als Freunde, deren Spiel mir irrsinnig taugt und ich wollte einfach schauen was sich ergibt, wenn man gemeinsam spielt und Energie austauscht auf diese Weise. Leider gibt es noch nicht viele Sessions, weil es sich zeitlich oft nicht ausgeht, aber ich bin mit vielen Leuten in Kontakt getreten und versuche, das quasi Stück für Stück abzuarbeiten. Ein Gedanke dahinter war auch, Schlagzeuger zu connecten und dass es für den jeweils anderen auch ein bisschen Werbung ist. Da ich sowieso gerne Videos schneide, habe ich mir gedacht, dass das eine gute Gelegenheit wäre.

Wie lebt es sich für dich eigentlich mittlerweile als linkshändiger Drummer?

Es gibt nach wie vor viele Vorurteile und früher haben viele Tontechniker natürlich geseufzt und gemeint, ob man denn nicht am Anfang oder am Ende spielen möge. Aber mittlerweile habe ich schon oft genug gezeigt, dass es sich sehr wohl gut ausgehen kann, wenn man die Handgriffe intus hat und alles in kurzer Zeit umstellen kann. Vom Spielen her habe ich am Anfang auf rechts gespielt und bin dann recht bald draufgekommen, dass es mit links besser geht. Aber bei mir ist das sowieso ein bisschen komisch, weil ich Vertikalbewegungen eher mit rechts mache und horizontale eher mit links. Tennis spiele ich zum Beispiel mit links, aber Werfen mit links? Keine Chance! Beim Schlagzeug macht es aber schon einen großen Unterschied, ob man open-handed oder überkreuzt spielt, da ja dabei ganz andere Variationen und Abläufe herauskommen können.

Du spielst neben Prometheus derzeit auch in zwei weiteren Formationen: Kick Ass Stereo und Thunderballs.

Genau, Kick Ass Stereo zum Beispiel ist aus einem Jamprojekt entstanden und es macht einfach viel Spaß. Aber es ist in einer anderen Dimension als Prometheus, das sieht man schon daran, dass wir circa einen Gig im Jahr spielen. Es ist eben eher Hobby und Freundschaft, wir haben dadurch auch keinen Stress damit, sondern ausschließlich Spaß. Trotzdem haben wir jetzt bereits unsere zweite EP aufgenommen und zwar bei Alexander Lausch von ListenCareful Studios, nachdem wir die erste noch in Eigenregie gemacht haben. Wir wollen das als Sideproject also auch mehr forcieren in Zukunft. Seit 2005 spiele ich auch bei den Thunderballs, einer AC/DC Coverband. wir haben bereits international viele Auftritte gehabt sowie beim Donauinselfest auf der Ö3-Bühne vor voller Kulisse gespielt. Dazu rennt auch die jährliche Covernight im Wiener Orpheum recht gut, da hatten wir in den letzten drei Jahren jedes Mal volles Haus. Trotzdem ist aber Prometheus schöpferisches Hauptprojekt derzeit.

Ihr bezeichnet euren Stil bei Prometheus auch als „Soundtrackmetal“. Was kann man sich darunter vorstellen?

Den Begriff haben wir frei erfunden. Er war eigentlich Mittel zum Zweck, da man ja oft gefragt wird, welchen Stil man spielt und „Metal“ ist halt zu breit gefasst, es wird meistens nach genaueren Schubladen gefragt, obwohl man das als Musiker ja nicht so gerne hat. Wir haben jedenfalls dann eine Art Brainstorming gemacht und Waldo hat gemeint, dass ihm meistens eine Art Film im Kopf läuft, wenn er die Musik hört, also haben wir uns auf „Soundtrackmetal“ geeinigt. Es passt auch zum manchmal sphärischen Charakter unserer Musik. Eigentlich ist es eine Mischung aus Prog und Deathmetal, aber generell ist es für uns wichtig, dass es einen Groove und auch eine gewisse musikalische Verspieltheit hat. Bei den Reviews zum Album hat die Bezeichnung aber auch recht polarisiert und es ist immer ganz gut für eine Band, wenn viel darüber diskutiert wird.

Worauf kommt es in deinen Augen generell am meisten an bei Musik und beim Schlagzeugspielen?

Ich glaube, dass Musik in der heutigen Zeit vielmehr geschaut als gehört wird. Vielleicht, weil wir in einem visuellen und technischen Zeitalter leben. Alleine durch YouTube hat sich vieles verändert und es wird dadurch einfach viel mehr nachgespielt als eigene Sachen kreiert. Dadurch kommt meines Erachtens der eigene individuelle Sound oft zu kurz. Man muss den Sound eben selbst finden und nicht immer versuchen, alles perfekt zu imitieren. Ich war einmal auf einer Clinic von Benny Grebb und er hat erzählt, wie sein Lehrer nach dem fertigen Durcharbeiten die letzte Seite des Lehrbuches zugeschlagen und ihm einfach nur zugenickt hat. So auf die Art: Passt, du bist jetzt fertiger Schlagzeuger. Er hat sich halt nur gewundert und gefragt, ob es das jetzt gewesen sein soll und ist dann danach erst draufgekommen, auf was es wirklich ankommt, als er ein Konzert von Steve Gadd in Montreux gesehen hat. Diese Geschichte fand ich recht schön und vielsagend. Das Wichtigste ist im Endeffekt die Selbstverwirklichung. Und zwar um jeden Preis.

 

Interview: Moritz Nowak

 

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