Nick Koch

Seinen eigenen Sound zu finden, das braucht seine Zeit. Dass Nick Koch dabei aber auf einem ausgezeichneten Weg ist, zeigt er nicht nur bei seiner Band Freytag, sondern auch in seinen Videos. Der 26-jährige Steirer erzählt im Interview, wie sich bei ihm die Bühne gegen den Rasen durchgesetzt hat und ist auch als Drummer eher ein Teamplayer.

NickKochDu hast vor ein paar Tagen mit deiner Band FREYTAG im B72 gespielt. Wie viel seid ihr gerade unterwegs?

Wir sind gerade am Gigs checken. Bis vor einem halben Jahr haben wir ziemlich viel gespielt und uns dann zu Gunsten unserer Kreativität kurz mal zurückgezogen. Die Pläne für ein zweites Album sind da und wenn nicht alle Stricke reißen, geht’s bei uns ab Herbst 2014 wieder richtig los.

Aber du selbst verfolgst im Moment auch andere Projekte?

Ich bin zur Zeit mit Markus Smaller von 3 Feet Smaller unterwegs und dabei quasi jedes Wochenende österreichweit im Einsatz. Das macht wahnsinnig Spaß gerade. Aber bei FREYTAG haben wir gerade auch Unterstützung von einem Booker aus Graz. Generell ist es ja nie ein Fehler, Kontakte zu Booking Agenturen zu pflegen. Was ich besonders spannend finde ist, dass wir ein Projekt geplant haben für dieses Jahr, bei dem wir in Schulen fahren und dort eine Mischug aus Konzert und Vortrag anbieten. Wir informieren quasi über das Bandleben und vermitteln, dass im Musikbusiness nicht jeder mit Hasenohren herumläuft und Rock ’n Roll in Reinkultur auslebt, sondern dass da eigentlich sehr viel Arbeit dahintersteckt. Letzten Sommer haben wir das schon einmal probiert und das ist echt sehr gut angekommen, außerdem haben wir in den 12- bis 18-Jährigen ein gutes Zielpublikum gefunden.

Welche Rolle nimmst du dabei ein? Bist du in der Band selbst sehr engagiert, was die Ideen betrifft?

Das mit der Band hat sich mit der Zeit entwickelt, weil ich am Joseph Haydn Konservatorium in Eisenstadt mein Studium begonnen und dabei den Bassisten meiner vorigen Band, Phi, kennengelernt habe. Während dem Studium hat sich dann auch FREYTAG entwickelt und er hat mich ins Boot geholt. Mittlerweile ist er leider ausgestiegen, aber so hat sich das zusammengewürfelt. Damals war Phi noch eher mein Herzensprojekt, aber das hat sich dann aufgrund hunderter Kleinigkeiten immer mehr auf FREYTAG verlagert und das ist auch die Art Musik, aus der ich ursprünglich komme und mich zuhause fühle, also eher das Punkige und Poppige. Mittlerweile ist es so, dass ich mit unserem Sänger gemeinsam alles mache, sprich Booking, Management und auch das Komponieren, da ergänzen wir uns recht gut.

Was waren denn deine allerersten Banderfahrungen?

Meine erste Erfahrung überhaupt war, dass die BHAK Eisenerz für die Schulband noch einen Schlagzeuger gesucht hat, ich war damals in der dritten Klasse Hauptschule. Da habe ich dann mitspielen dürfen bei einer riesigen Schulgala und das war eine super G’schicht für mich. Später habe ich dann viel mit dem Popensemble der Musikschule gespielt und daraus hat sich dann Phi entwickelt. Damals war ich so fünfzehn, sechzehn Jahre alt.

Hast du schon lange davor Schlagzeug gespielt?

Ich habe mit sieben Jahren begonnen und es war bis dahin eher ein Ausgleich. Bis ich vierzehn war, stand immer Fußball an erster Stelle für mich und ich wollte immer Profi werden. Ich war auch auf einem ganz guten Weg und bereits in der steirischen Auswahl, aber irgendwann hat das umgeschlagen und ich habe gesehen, dass es cooler ist, auf einer Bühne zu stehen. Noch dazu habe ich mit der Musik dann schon ein bisschen was verdient, unter anderem mit einem Percussion-Ensemble. Parallel habe ich schon weiter mit Freude Fußball gespielt und das ging auch vonseiten meines Trainers voll in Ordnung, dass ich nur bei manchen Matches dabei war.

Tendieren sportliche Leute öfter zum Schlagzeug?

Kann schon sein, denn eine gewisse Koordination ist natürlich wichtig, aber vor allem auch die Kondition für die Koordination. Seit ich weniger Sport mache, habe ich das Gefühl, dass ich nicht mehr so lange durchhalte, besonders beim Üben. Seit kurzem bin ich aber in Physiotherapie und das wirkt wirklich Wunder in Sachen Balance und zwar nur durch ein paar Übungen für den Rücken. Es fühlt sich alles viel leichter an. Daher würde ich auch jedem Profimusiker empfehlen, Physiotherapie zu machen.

Du hast ja bereits einige Drumvideos online gestellt. Dabei wirkst du auch körperlich sehr locker und entspannt. Wie intensiv bereitest du dich auf solche Aufnahmen vor?

Diese Nummern waren alle in meinem Abschlussprüfungs-Programm fürs Konservatorium drin, daher habe ich die alle schon vorher oft gespielt. Bei „Island Magic“ habe ich mir vorher noch genau angeschaut, wie Dave Weckl das spielt, der ja sehr groß klingt, obwohl er eigentlich recht leise spielt – was typisch für Fusion-Drummer ist. Die Lockerheit im Spiel ist wichtig, wenn man sehr komplizierte Licks meistern will und für die Prüfung ist so etwas das eine oder andere Mal auch erlaubt. In der Praxis mache ich das aber nicht, dass ich herzeige, was ich gerade alles geübt habe. Ich hasse zum Beispiel Solos! Die will ich selber eher vermeiden, wobei es im Jazz schon seine Berechtigung hat, da man das dabei melodiöser lösen muss. Wenn man viel Banderfahrung hat, weiß man eher, wie man solieren soll. Bei Leuten, die wenig in Bands gespielt haben, merkt man oft, dass sie alles in ein Solo hineinpacken wollen und das finde ich oft furchtbar.

Es gibt ja auch viele Stimmen, die dieses rein Technische kritisieren…

Stimmt, wobei ich es überhaupt nicht verurteilen will. Ein Freund von mir hat einen achtjährigen Schüler gehabt, der nur Technik machen wollte (lacht). Also es gibt einige, für die der Fokus nur darauf liegt. Das fällt für mich teilweise schon unter Sport, aber ich bin auch der Meinung, dass Technik eine Notwendigkeit für viele Dinge ist. Wenn man also als Jobmusiker überleben möchte, ist es gut, auf alles Mögliche vorbereitet zu sein. Je nachdem, was man spielen können will. Ich persönlich finde aber, dass die Musik immer im Vordergrund stehen sollte und dabei ist es auch sehr wichtig, dass man als Schlagzeuger ein zweites Instrument spielen kann, dann lernt man auch, wie man sich richtig zurückhält, wenn man mit anderen Musikern zusammenspielt.

Wie kritisch bist du bei deinen eigenen Aufnahmen?

Da bin ich zwiegespalten. Einerseits will ich es schon so gut machen wie es geht. Der übermäßige Perfektionismus fehlt mir dabei allerdings ein bisschen. Ich bin grundsätzlich immer kritisch und das ist auch wichtig, um Sachen gut zu machen, aber hin und wieder eine Unsauberkeit soll schon erlaubt sein. Ich komme ja selbst eher aus der Rockrichtung und gerade da kommt es vielmehr auf das Feeling und die Atmosphäre an. Meine Philosophie ist, dass die Stimmung das Wichtigste ist und über der Perfektion stehen sollte. Das habe ich aber auch erst lernen müssen. Einen guten Wink in diese Richtung habe ich bei 3 Feet Smaller erfahren, von denen keiner ein studierter Musiker ist, aber die einfach ihren Sound gefunden haben und eine Energie erzeugen, die ihresgleichen sucht, auch dadurch, dass die Show eben nicht perfekt ausgecheckt ist.

Könnte ein Mitgrund sein, dass es heutzutage leichter ist, einen perfekten Sound zu produzieren, sodass das Rohe und Analoge wieder immer öfter angestrebt wird?

Das ist sicher ein Grund und ich glaube auch, dass die Hörgewohnheiten mittlerweile so überreizt sind mit dem Perfekten, dass man wieder auf der Suche nach etwas Angreifbarem ist. Wenn es dann eine Mischung aus dem Rotzigen und ein bisschen Perfektionismus ist, dann macht das am meisten Spaß.

Welchen Stellenwert hat für dich der eigene Sound, den man für sich am Schlagzeug findet und hast du ihn für dich bereits gefunden?

In meiner kleinen Hierarchie beim Schlagzeugspielen, steht der Sound ganz oben. Da bin ich immer selbstkritisch, wie ich klinge. Sieht man sich die ganz Großen an, merkt man, dass die alle ihren speziellen und für sie perfekten Sound haben. Das unterscheidet für mich einen richtig guten von einem mittelmäßigen Schlagzeuger. Ich selbst bin noch auf der Suche, um so zu klingen, wie ich mich selbst hören will.

Welche Drummer hast du da besonders im Kopf?

Das ist immer abhängig von der Musikrichtung. Travis Barker war und ist ein riesiger Einfluss für mich. Was die ganze Rock/Pop-Schiene betrifft ist er für mich das Nonplusultra, vor allem auf dem Album „Take off your pans and jackets“ von Blink 182 ist sein Sound der Wahnsinn, da ist alles dabei – Bässe, Höhen, einfach alles. Während meines Studiums war auch Gavin Harrison sehr wichtig für mich. So zu klingen wie er ist aber mittlerweile nicht mehr mein Ziel. Ich kann ihm aber immer noch stundenlang zusehen und –hören.

Ganz generell finde ich aber, dass es am besten über Jazz geht, wenn man sich sound-mäßig weiterentwickeln will. Wenn man an einem Jazzschlagzeug sitzt, lernt man am meisten darüber, wie man am besten auf eine Trommel draufhaut. Man erkennt die Dynamik, auch von den verschiedenen Beckensounds. Man lernt extrem viel dadurch. Mein Lehrer hat mir immer gesagt: Jazz ist nicht leise. (lacht) Das hat mir auch geholfen als Rockschlagzeuger. Jazz ist ja immer als leise verschrien und es wird oft vermittelt, man müsse streicheln dabei. Aber er hatte recht damit, wenn man sich einen Buddy Rich oder Tony Williams anhört, die haben wirklich genagelt und wenn man mit Big Band spielt, muss man erst einmal über fünfzehn Bläser drüber kommen, da gehören einfach ordentliche Rimshots oder Beckenschläge hinein. Das macht dann auch richtig Spaß.

Wie läuft es derzeit mit deinen Jobs und Projekten für dich, kannst du schon davon leben?

Ich habe letztens ein Zitat von einem bekannten Produzenten gehört, dass die gute Kohle erst kommt, wenn man in der zweiten Hälfte seines Lebens ist.(lacht) Bis man sich etwas aufgebaut und sich einen Namen gemacht hat, dauert es eben. Derzeit versuche ich, ohne Unterricht zu geben auszukommen und es klappt im Moment nicht schlecht. Ich werde ab Herbst auch viel mit dem Bodypercussion-Ensemble von Richard Filz, meinem Professor vom Haydn Konservatorium, unterwegs sein. Natürlich bemühe ich mich auch, mehr Jobs zu bekommen und es ist mein Ziel, irgendwann nur von der Musik leben zu können. Das ist zwar ein schwieriges Ziel, aber man muss einfach dran bleiben und immer im Gespräch sein, das ist wichtig. Wenn die Pläne mit den Schulworkshops mit FREYTAG und dem Bodypercussion-Ensemble so laufen wie geplant, dann freue ich mich auf die Zukunft.

 

 

Interview: Moritz Nowak