Backstage. Abseits des Rampenlichts – mit Tatjana Domany. Teil II

Auch im zweiten Teil »Backstage. Abseits des Rampenlichts« mit Tatjana Domany vom Österreichischen Musikfond wird es wieder spannend: Wir haben mit ihr über ihren Arbeitsalltag, die Entwicklung des Austrian Music Export und den Weg zur Förderung gesprochen. Zum Nachhören gibt es das gesamte Podcast-Interview auf Spotify.
Von Nora Blöchl

 

In Teil I unseres Podcast-Interviews mit Tatjana Domany haben wir erfahren, welche Vision hinter dem Austrian Music Export steht, welche Unterstützungen Musiker*innen erhalten und welche Kriterien sie erfüllen sollten. Diesmal wollten wir genauer wissen, wer hinter der Organisation steckt, wie sie sich entwickelt hat und wie sie gefördert wird.

Bereits vor dem Austrian Music Export hat es Vorgängerorganisationen wie mica gegeben, die Exportförderungen vergeben haben, so Tatjana. Eine institutionalisierte, breite Unterstützung besteht aber erst seit der Gründung des Austrian Music Export im Jahr 2011. Zurückgreifen konnte das Gründer*innenteam auf Konzepte und Ideen aus dem Ausland. „Deutschland war etwas früher dran, mit einer Exportunterstützung. Da konnten wir uns Ideen holen und uns austauschen.“ Der Fokus lag in den Anfangsjahren noch viel stärker auf dem Aspekt der Professionalisierung. Seitdem Tatjana Ende der 90er-Jahre begonnen hat, in der Musikindustrie zu arbeiten, hat sich aber vieles verändert. „Damals haben wir 300 Promo-CDs mit der Post verschickt. Das war der Weg, um internationale Radioredakteur*innen und Club-DJs zu erreichen. Das klingt für junge Labelbetreiber*innen natürlich so, als würde die Oma vom Krieg erzählen. Aber ich finde es schon sehr spannend, dass sich die Musikindustrie so stark verändert hat. Wenn die Technologien sich ändern, werden auch die Challenges anders.“

Der Austrian Music Export besteht aus einem organisatorischen Kernteam von etwa sieben Leuten, die sich um Förderungen, das Budget und die Jahresplanung kümmern. „Darüber hinaus gibt es unsere Fördergeber*innen. Wir sind ja nicht nur jemand, der Förderungen auszahlt, sondern wir sind auch selbst darauf angewiesen, Förderungen zu bekommen.“ Das bezeichnet Tatjana als das erweiterte Team. Darunter fallen zum Beispiel die AKM, aber auch das Kultur- und Außenministerium und die österreichischen Botschaften. Seit der Pandemie sind die Budgets jedoch überall erschöpft. „Viele unserer Partner*innen kämpfen genauso wie wir, weil die Live-Musikindustrie die letzten zwei Jahre einen enormen Dämpfer erfahren hat.“

Laut Tatjana ist der Austrian Music Export ein Hybrid aus Kunst und Kultur und auch Wirtschaftsförderung. Er besteht aus mica – music austria und dem österreichischen Musikfond, bei dem Tatjana die Projektleitung innehat. Ihr Arbeitsalltag besteht im Moment vor allem darin, mit vielen Bands, Labels und Managements zu telefonieren, um herauszufinden, wer was plant, wer wo unterwegs ist und woran man sich dieses Jahr überhaupt festhalten kann. Besonders seit Beginn der Pandemie sind Festivalbesuche ein Highlight. Die Möglichkeit fremde Länder und Szenen und viele Menschen kennenzulernen, ist sehr besonders, so Tatjana.

Die Idee hinter dem Austrian Music Export ist, eine gute Aufnahme vom musikalischen Material zu machen, die dann idealerweise auch als wirtschaftliches Produkt funktioniert. Natürlich kann man in der Musik nicht alles planen und jeder Artist ist anders – mit einem guten Know-How der Musikindustrie und gutem Material kann aber schon vieles klappen.

Es gibt in vielen Ländern spannende Ideen, die mehr Sicherheit für Musiker*innen schaffen könnten, so Tatjana. „In Belgien gibt es eine schöne Idee: Da bekommen Künstler*innen so etwas wie eine Arbeitslosenunterstützung. Artists haben zum Beispiel Anspruch auf Unterstützungszahlungen, wenn sie ein Album veröffentlicht haben und auf Tour waren. Danach können sie ein bis zwei Jahre lang das nächste Album aufnehmen und schreiben. Das finde ich sehr smart.“  Ein wichtiger Faktor für das Ansehen und die wirtschaftliche Schlagfähigkeit sind auch Radioquoten. In Frankreich spielen Radiosender zum Beispiel fast 50% heimisches oder französischsprachiges Repertoire. „Das wäre strukturell in Österreich schwieriger zu machen. Aber den Anteil der österreichischen Musik in den Radios zu erhöhen, würde wahnsinnig viel helfen.“ Und auch gute Ausbildungsangebote spricht Tatjana an: Auf universitärer Ebene fehlt ein Studium, das den Einstieg in die Branche erleichtert. Lehrgänge oder auch Kurse reichen da nicht aus.

Auf die Frage, was sie der österreichischen Musikszene wünscht, nennt sie mehr Anerkennung für die Musiker*innen. Oftmals springen Medien und Publikum erst auf, wenn es internationale Erfolge gibt. „Manchmal würde ich mir wünschen, dass sich wie in Holland, England oder auch in Deutschland mehr Menschen unbekannte, lokale Artists im kleinen Club ansehen würden. Einfach weil sie da sind und um Unterstützung zu zeigen.“ Die Musiker*innen sind gut genug und auf der künstlerischen Seite bleibt nichts zu wünschen übrig. Österreichische Artists sind in ihrem Schaffen sehr frei, da eine kommerziell erfolgreiche Karriere oft unwahrscheinlich erscheint. Das ermöglicht ihnen freier an Musik heranzugehen. „Ich würde mir wünschen, dass der wirtschaftliche Erfolg steigt, aber die künstlerische Offenheit erhalten bleibt.“

Foto: Ranger