Wundern, Sudern und die Prise Frust

9986_07aAls Neodisco pressen die Steirer Nikolaus und Georg Nöhrer sowie Sebastian Hofer den ganz normalen Wahnsinn des Alltags in gut portionierte Elektro-Happen. Ihr Erstlingsalbum „Krawalle und Liebe“ offeriert sie gleich im praktischen 16er-Pack – 16 Songs mit Inhaltstoffen für Körper und für Geist. Niko stellte Band und Platte näher vor. Von Martin Macho  

Ihr nennt euch Neodisco. Was genau ist denn das Neue an eurer Musik?

Wir wollten eigentlich nichts neu erfinden. Nur etwas machen, das so in unserer oststeirischen Umgebung noch nicht da war. Wir stellen keinen Anspruch auf Neuerfindung der Disco-Musik, der Name hat eigentlich keine tiefere Bedeutung.

Wie habt ihr musikalisch zueinander gefunden?

Georg und ich sind ja Brüder, da ist das Zueinanderfinden nicht allzu schwierig. Wir sind aber auch alle drei in die gleiche Schule in Birkfeld gegangen. Dort wurde dann bei einem Schulmusical beschlossen, eine Band zu gründen. Eine klassisch-kitschige Schulband-Geschichte. Musikalisch wurde alles was wir hatten in das Projekt geworfen, und erst nach vielen Versuchen lässt sich jetzt eine vage Richtung erkennen.

Eure Texte erfordern durchaus Aufmerksamkeit beim Hörer, da sie großteils ziemlich in die Tiefe gehen. Woher nehmt ihr, mit 20 Jahren, schon diese Reflexions- und Ausdrucksfähigkeit?

Im Herzen sind wir halt schon alte Säcke mit langem Bart! Nein Quatsch, wir hängen viel zusammen herum und machen uns eben Gedanken. Irgendwo zwischen wundern und sudern über das, was wir glauben zu verpassen, und das, was wir schon erlebt haben. Dann noch eine Prise Hangover-Frust, und fertig ist der Text.

Besteht da nicht die Gefahr, dass der Inhalt der Lieder in der Musik, die doch eher zum Mitmachen als zum Zuhören anregt, untergeht?

Das ist ein guter Punkt. Diese Ambivalenz sehen wir natürlich auch, aber es ist schon ein bewusster Grenzgang. Ich persönlich finde, dass es eine ganz sympathische Charakteristik unserer Tracks ist, wenn sich Musik und Text ab und an mal konterkarieren. Liegt vielleicht auch daran, dass wir uns mit keiner der beiden Seite der Medaille voll identifizieren können. Also ich könnte mir nicht vorstellen, ausschließlich „Hands up, es ist eine geile Party“-Elektrorap zu machen. Das gleiche gilt für konsequent seriös ´rübergebrachtes Conscious Rap-Zeug. Das Ergebnis ist sozusagen ein Kompromiss, mit dem wir leben können.

Wie schmal ist bei den Texten der Grat zwischen nachdenklich und altklug?

Gerade so schmal, dass „Partybitch III“ gut darauf balancieren kann!

Auf dem Album werden unter anderem Wolfgang Ambros, „Stairway To Heaven“ oder „Dark Side Of The Moon“ genannt. Haben sich die nur textlich gut gefügt, oder sind eure Einflüsse auch so breitgefächert?

Ja und ja. Natürlich hören wir viel anderes Zeug. Wenn du in dem Musikding drinnen bist, kommst du da schwer herum. Die Pink Floyd-Referenz hat sich aber auch einfach gut in die Stimmung des Songs („Dieses Lied“, Anm. d. Red.) eingefügt. Da zieht sich diese Mond-Metapher durch den ganzen ersten Part. Und Ambros kannst du als Österreicher natürlich nicht entkommen. Was jetzt nicht negativ gemeint ist. Das ist schon ein toller Künstler. Songs wie „Tagwache“ stehen in unseren Augen Meilen über dem Zeug, das uns die Mainstream-Medien heute als neues österreichisches Irgendwas vorsetzen.

Habt ihr „Krawalle und Liebe“ völlig im Alleingang gestemmt, oder gab es bei der Produktion auch Unterstützung von anderer Seite?

Den Großteil haben wir schon selber zuhause in Oberfeistritz produziert. Wir hatten aber auch einen Produzenten an unserer Seite, Paul Wallner. Wenn du einen Außenstehenden im Produktionsvorgang dabei hast, bekommst du automatisch einen anderen Zugang zur eigenen Musik. Bei einem Lied hatten wir noch Unterstützung vom Berliner Produzenten Dirty Dasmo. Die Zusammenarbeit mit den Profis hat uns und unsere Musik auf alle Fälle voran gebracht.

Eure ersten Tracks wurden auf Online-Plattformen lanciert. Später ist die Live-Schiene dazugekommen, jetzt erst – nach ca. vier Jahren – das Debüt-Album. Ist das der Weg, den man heute als Musiker in Österreich gehen muss?

Vermutlich muss man diesen Weg nicht nur in Österreich gehen, sondern überall. Nicht dass die klassische Bandkarriere komplett vergessen wird, aber über hunderte Live-Auftritte bekannt zu werden und sich eine große Fanbase aufzubauen, wird immer schwerer. Vermutlich muss man heute einfach alles abdecken, also Songs ins Internet stellen, Videos drehen, gratis Download-Möglichkeiten anbieten, live präsent sein. Irgendwann wenn man denkt, es interessiert ein paar Leute, macht man ein Album und hofft das Beste. Wir haben da aber gar nicht viel nachgedacht, sondern einfach gemacht. Das war in Wirklichkeit alles viel chaotischer, als es im Nachhinein betrachtet aussieht.

Auf Antenne Steiermark hatte Neodisco mit „Sommer in Stubenberg“ regelmäßiges Radio-Airplay. Wie ist es, einen kleinen Hit abgeliefert zu haben?

Super ist das! Geändert hat sich dadurch nichts – wir haben trotzdem einen Großteil des Sommers am Stubenbergsee verbracht. Aber es ist auf jeden Fall ein schönes Gefühl wenn man wahrgenommen wird, und neue Leute unsere Musik im Radio hören müssen.

Kam der Erfolg überraschend für euch?

Erwartet hatten wir uns vom Album nur wenig, wir sind da eher realistisch an die Sache gegangen. Wir wollten ein solides Debüt-Album abliefern, und selber damit zufrieden sein. Alles was bis jetzt passiert ist und noch passieren wird, die super Resonanz der Fans, die Releaseshows und das Airplay, sind eine Draufgabe.

Wie geht es mit Neodisco jetzt weiter?

Also jetzt stehen erstmal einige Live-Shows im Herbst an. Nebenbei arbeiten wir schon an neuen Sachen. Auch Akustik-Versionen wird es wieder geben. Was genau kommen wird und vor allem wann, können wir momentan aber noch nicht sagen.

 

krawalle-und-liebe-neodisco[1]Krawalle und Liebe

erschienen bei: Columbia Records

(VÖ: 26.04.2013)

 

 

 

Nächstes Live-Date von Neodisco:

05.10.2013 – Graz – PPC

 

Neodisco im Internet:

www.neodisco.at

www.facebook.com/neodisco

www.youtube.com/user/neodiscomusic

 

Bandfoto: Ingo Pertramer