Uli Soyka im Gespräch

Uli Soyka ist als Schlagzeuger, Komponist, Schlagzeuglehrer und Betreiber seines eigenen Plattenlabels Pan Tau-X seit über 20 Jahren in Jazz und improvisierter Musik tätig – sowohl mit österreichischen als auch internationalen Künstlern. Diese Woche erschien das neueste Album, eine Kollektion bisher unveröffentlichter Aufnahmen. Im Gespräch erzählt Uli Soyka über sein bemerkenswertes Leben und Schaffen als Musiker.

Wann und wie hast du mit dem Schlagzeug-Spielen begonnen?

Ich habe sehr spät begonnen. Als Kind, zwischen 6 und 14, habe ich Flöte gespielt. Meine ganze Kindheit war sehr durchwachsen und bis ich 23 war habe ich 18mal meinen Wohnsitz gewechselt. Das ist natürlich auch etwas, das einen im Lauf des Lebens sehr stark prägt. Jetzt bin ich schon seit 1987 in Wien und fühl mich hier auch zu Hause. Ich habe also mit 18 den Weg zum Schlagzeug gefunden. Ein Freund hat mich damals gefragt, ob ich ihn begleiten möchte, weil er sich einen Schlüssel für den Proberaum ausgeborgt hat - ich war damals in einem Internat in Steyr. Und an dem Tag bin ich beim Schlagzeug gelandet und nicht mehr weggegangen. Ich habe dann jede freie Minute, auch in den Schulpausen, genützt, Sachen auszuprobieren.  Und das war auch mein Weg: das Ausprobieren, quasi ohne Lehrer. Denn natürlich ist alles dem man begegnet oder das man sieht, ob man mit wem redet oder ob man jemandem zuhört, lehrreich.

Wann hast du den Entschluß gefaßt die Musik zum Beruf zu machen?

Nachdem meine frühere Karriere - ich bin gelernter Goldschmied und Graveur - wegen Neurodermitis nicht mehr ausführbar war, habe ich entschlossen, nach einer kurzen Nachdenk- und Ausruhphase, daß ich gern Musik machen möchte. Es hat sich dann für mich die Hochschule herauskristallisiert, für die ich ein Jahr lang trainiert habe. [Dort war Uli dann 1 1/2 Jahre lang Student. Anm.] Das muß man sich vorstellen, ich war 23, also eigentlich schon am erwachsen werden, aber aus einer ganz anderen Welt kommend. Ich war Goldschmied und habe ein traditionelles Arbeiterleben geführt. Das war eigentlich eine Riesen-Mutprobe für mich, das alles zu verändern und es waren auch sehr schwierige Zeiten in meinem Leben. Ich habe auch schon Familie, die dann auseinandergegangen ist, und einen Sohn gehabt. Sehr wichtig für mich war in dieser Zeit das WUK. Das ist sehr, sehr bedeutend für mich und prinzipiell in Wien als Bereich für Kultur- und Kunstschaffende. Das muß man hervorheben, weil es ein Ort ist, wo über 1000 Leute aus- und eingehen, die kreativ tätig sind und dort auch die Möglichkeit finden, es auszuüben. Meinen ersten Job habe ich 1989 auf einer Hochzeit gehabt. An dem Tag hab ich auch noch freiberuflich meiner Goldschmiedetätigkeit gefrönt und habe mir beim Durchbohren eines Stahlschmuckteiles einen Bohrer zwischen Zeige- und Mittelfinger meiner linken Hand gebohrt und abgebrochen - 8mm Bohrer sind in meiner Hand gesteckt, als ich eigentlich schon auf der Hochzeit hätte sein sollen! Dann bin ich panisch zu einem Arzt gelaufen, der hat das Bohrerstück aber nicht rausbekommen, weil es zu tief drinnen war. Also hab ich mit dem Bohrer in der Hand die Hochzeit gespielt. Danach sind wir ins Krankenhaus gefahren und dort ist mir das Stück am nächsten Tag unter Vollnarkose rausoperiert worden. Ich habe immer wieder solche absurden Einstiege in verschiedene Sachen gehabt!

Wo siehst du dich mit deiner Musik?

Ich bin in einem nicht-kommerziellen Bereich tätig. Wobei ich aber versuche genau diese Musik so flächendeckend zu präsentieren, daß es zur kommerziellen Musik werden kann. Das ist die Grundlage von meinem Tun und Schaffen seit über 20 Jahren. Und 1998 habe ich mein erstes eigenes Projekt gestartet. Das war auch die Gründungsstunde von meinem Label Pan Tau-X Records. Das ist alles sehr aufregend gewesen. Es sind sehr viele Bands ins und durchs Land gezogen, in denen ich tätig war. Ich hab viele schöne Sachen erlebt, und auch schwierige. Ich habe am Anfang auch sehr unter der Ellenbogentechnik von manchen Leuten gelitten und versuche das schwerstens zu vermeiden. Ich habe mir mittlerweile meinen Platz und meine Sicherheit erarbeitet, daß ich mich nicht von diesen Dingen anstecken lassen muß, sondern, daß ich weiß, wer ich bin, was ich kann und was ich nicht kann.

Wie ist es zur Gründung Pan Tau-X Records gekommen?

Es war für mich die Idee, daß ich nicht zu Universal gehen will, was sehr populär war damals. Ohne Firmen schlecht machen zu wollen, aber jede Arbeit kann gut sein, wenn sie passt, und wenn sie nicht passt, dann ist es auch gut, es nicht zu tun. Ich wollte mich aber nicht von jemand anderem abhängig machen, sondern ich möchte schauen, daß ich weiß, was ich mache und, daß ich meine Rechte bei mir habe.

Welche Projekte stehen in Zukunft für dich an?

Die neue Aufgabe für mich ist, mich zu verbreitern und meine Projekte flächendeckender zu präsentieren. Wenn möglich weltweit. Also die eigene Musik ins Ausland zu bringen ist für mich momentan ein großer Zukunftspunkt. Weil es sind sehr gute Bands, die zum Teil schon über mehrere Jahre zusammen spielen. Ich werde also schauen, daß ich Leute finden kann, die sich gerne diesem Potential anschließen möchten, um über die Grenzen hinauszugehen.

Produzierst du auch andere Projekte über Pan Tau-X?

Nicht prinzipiell. Mir ist einfach die Qualität des Machbaren wichtig. Und das heißt nicht, daß Sachen nicht gut sind. Aber wenn ich prinzipiell andere Produktionen übernehme, dann habe ich plötzlich 100 in einem Jahr. Und dann würde noch viel, viel mehr Arbeit dazu gehören und das ist ein Full-Time-Job.

Hast du einen Ausgleich zur Musik?

Wandern gehen, raus gehen in die Natur, auf Berge, wo die totale Stille oder der Wind ist. Und ich bin nicht jemand, der wahnsinnig viel fort geht, aber ich halte mich gerne im Umfeld von netten Leuten auf, die ich gern habe.

Was hat dich musikalisch beeinflusst?

Ich habe schon immer viel Musik gehört. Ich habe, glaub ich, 5000 - 6000 CDs zu Hause. Aber ich habe nie jemandem nachgeeifert. Das waren auch die unangenehmsten musikalischen Erfahrungen, die ich gemacht habe, wenn ich von Bands eingeladen wurde zu spielen und man mir dann nach geraumer Zeit gesagt hat, daß es eh super ist, wie ich spiel, ich aber mehr wie dieser oder jener spielten sollte.  Ich bin einfach ich, der so spielt wie ich spiel. Natürlich hört man sich Musik an und natürlich hört man Funktionen und Dynamiken oder Unabhängigkeiten, wenn man genau zu hört. Und man fragt sich natürlich was jemand kann und wie er das macht. Und Grundlagen wie Timing und Üben mit Metronom predige ich allen meinen Schülern. Ohne sie wirst du das große Glück nicht erreichen, weil dann in der Kommunikation nichts funktionieren wird. Aber jeder kann machen wie er will und da ist es schon interessant: in der heutigen Zeit hat man immer das Gefühl, daß schon so wahnsinnig viel vorgegeben und gefragt ist, was man bereits können muß. Aber das alles muß auch erst erarbeitet sein. Also: was hat mich beeinflusst? Wenn du mich nach Schlagzeugern fragst, sag ich dir: Jack de Johnette und Peter Erskine. Zu der Zeit, zu der ich begonnen habe aktiv zu sein, sind das die Heroes gewesen, die ich gern gehört habe. Und die auch bis heute für mich so wahnsinnig geltende Musik gemacht haben. Bis heute eine der großartigsten Platten überhaupt für mich ist "Steps Ahead".

Übst du heute selbst noch?

Ja, klar, sehr gern sogar. Das liebe ich total. Ich habe auch zu Hause in meiner Wohnung ein Schlagzeug stehen. Ich kann sehr leise spielen, das ist sehr gut. Und ich kann auch leise energetisch spielen. Es haben mich früher viele Leute als den "leisesten Schlagzeuger" betitelt.

Foto by Bettina Frenzel

Alle Infos und Shop: Pan Tau-X

Interview: Matthias Rigal