Interview: Joris Dudli

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Gebürtiger Schweizer, der seit seiner Kindheit in Wien lebt und einige Jahre in Amerika (New York) verbracht hat: der Jazzschlagzeuger Joris Dudli ist schon viel herumgekommen, auch an der Seite von namhaften Jazzmusikern wie Art Farmer. In einer kurzen Pause zwischen zwei Tourneen hat er die Zeit für ein Interview gefunden.

Du warst jetzt seit Mitte Februar bis Ende März fast durchgehend unterwegs [Österreich, Deutschland, Schweiz, USA und Italien], nächste Woche geht’s gleich weiter bis Ende Mai [Slowakei, Österreich, Irland, Deutschland]. Gibt es Phasen, in denen du denkst: „Jetzt wäre ich eigentlich lieber nicht unterwegs, sondern zu Hause“?
Fast nicht. Ich bin sehr gerne unterwegs. Natürlich ist es familientechnisch nicht immer einfach für mich, meine Frau und meine Tochter. Sie sind für mich auch der wichtigste Grund, hier zu sein. Abgesehen davon ist es aber für einen Musiker nur begrüßenswert, je mehr Konzerte er hat. Weil man kann natürlich nicht immer nur in Wien spielen. Überhaupt gibt es heutzutage so viele Musiker, die unterwegs sind und größere Tourneen sind seltener. Man kann wirklich nur froh sein, wenn man spielt.

Ist für dich das Touren auch Spaß oder doch eher Arbeit?

Es ist auf jeden Fall Spaß. Das ist das Schönste, was man bekommen kann, wenn man Musiker ist und Musik spielen will und das auch tun kann. Das Publikum ist da und beklatscht einen – was gibt’s schöneres? Und man kann kreativ sein und verkauft CDs, da gibt’s nichts besseres.

Jedoch gibt es auch viele Dinge, die große Arbeit darstellen. Du siehst hier mein kleines Büro. [Zeigt mir seinen vollen Schreibtisch] Ich würde viel lieber im Proberaum sitzen und Schlagzeug spielen. Aber du mußt täglich deine Stunden investieren und dich selbst managen. Ich hab die CD selbst gemacht und organisiere meine Gigs selbst – ich bin schon fast eine Booking Agency. Nur bei einem meiner Projekte gibt es teilweise auch Agenten.

Bleibt da überhaupt noch Zeit zum Üben?
Wie gesagt: ich würde gerne üben, am liebsten drei Stunden täglich. Aber es geht einfach nicht. Nicht nur das Booking nimmt viel Zeit in Anspruch, sondern auch der ganze Papierkram. Wenn ich etwa von einer Tournee zurückkomme, gibt es so viele Zettel, die steuerlich erklärt, abgerechnet und geordnet werden müssen. Und natürlich möchte ich auch möglichst viel Zeit mit meiner Familie verbringen, wenn ich in Wien bin. Aber zumindest eineinhalb Stunden täglich bringe ich schon oft zusammen.

Wie waren deine letzten Konzerte mit den Earth Jazz Agents?
Die sind immer toll. Die Band spielt mit einer Energie, das ist nie fad. Uns gibt es jetzt seit ein paar Jahren als Band, es wird immer besser und dadurch, daß wir viel spielen, schweißt das auch zusammen.

Ist es spannender für dich mit Musikern zu spielen, die du schon kennst oder mit Musikern, mit denen du noch nicht gespielt hast?
Beides! Wenn längere Zeit die selben Leuten die selben Nummern spielen, ist es natürlich ganz klar, daß sich das Ganze entwickeln kann. Es ist aber natürlich auch total schön und spannend neue Leute kennenzulernen, wie diesen Gitarristen aus Irland [Mark McKnight, mit dem Joris die nächste Tour spielt, Anm.], der mit seiner positiven Art ganz besonders erfrischend ‚rüberkommt und toll spielt. So etwas ist natürlich auch ein schönes Erlebnis.
Aber wie gesagt, man muß sich beim Spielen auch kennenlernen, damit man ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen kann. Für mich als Schlagzeuger ist das besonders wichtig in Bezug auf die Time – bis ich weiß, daß jemand eine gute Time hat, damit ich machen kann, was ich will.

Du hast schon mit einigen bekannten Jazzmusikern zusammengespielt. Was war für dich die wichtigste Zusammenarbeit?
Auf jeden Fall die Zeit mit Art Farmer. Er hat mich damals so in meinem Selbstbewußtsein gestärkt, daß ich nach Amerika gegangen bin. Er hat mich total unterstützt und als ich dann schließlich nach Amerika gefahren bin, hat er mich auch wirklich engagiert. Es gibt kaum ein Schöneres Gefühl, als in New York von einem Weltstar, zusammen mit anderen Weltstars, engagiert zu werden.
Ich hab nur damals so viel lernen müssen und ich wünschte, ich hätte mich davor besser vorbereitet. Ich bin erst nach ca. 4 Jahren in Amerika wirklich drauf gekommen, daß ich eigentlich noch meilenweit entfernt war, von dem was ich alles können musste. Ich hätte so viel schon davor in Österreich lernen können: einfach die richtigen Sachen üben, anhören und die Geschichte des Jazz lernen.

Mit welchem Musiker würdest du gerne noch zusammen spielen?
Ich hätte sehr gerne mit Freddie Hubbard gespielt. Wenn ein Jazzmusiker Jazz verkörpert, dann ist das für mich Freddie Hubbard. Wenn ich ihn spielen höre, dann regt jeder Ton – auch die kleinsten Töne – auf. Mit ihm hätte ich wirklich gern gespielt. Nur die letzten Jahre hat er wegen seiner Lippe nicht mehr spielen können. [Infektion nach einem Unfall, Anm.] Und es wäre sogar unter Umständen dazu gekommen, weil Vincent Herring mit ihm gespielt hat und auch gerne mit den Earth Jazz Agents mit Freddie Hubbard etwas gemacht hätte, aber es ist dann leider nichts daraus geworden.

Als du angefangen hast Schlagzeug zu spielen: war dir von Anfang an klar, daß du Profimusiker werden willst?
Ja, das wollte ich eigentlich schon von Anfang an. Ich habe mit 13 angefangen Schlagzeug zu spielen. Mit 14 bin ich in die Grafische gekommen, wollte aber nach ein bis zwei Jahren wieder aufhören, weil ich da schon in ein paar Bands hineingerutscht bin. Mit 16 hab ich dann beim Peter Rapp in der Sendung Spotlight gespielt. Und dann habe ich auch schon Studioaufnahmen in der Austropop-Szene gemacht. Also wollte ich noch bevor ich 18 war mit der Grafischen aufhören und Musik studieren. Aber meine Eltern wollten, daß ich die Schule noch fertig mache.

Wie genau bist du damals zu den Studiojobs gekommen?
Da gibt’s einen großen Faktor: damals – Mitte der 70er Jahre – hat es noch keine drum machines gegeben. Da haben alle was zu tun gehabt und jeder der gut spielen konnte hat zum Beispiel Werbejingles einspielen können. Da sag ich ganz bescheiden, daß das sicher ein Hauptgrund war, daß ich Profi werden konnte. Vielleicht hab ich auch Talent und einen guten Groove gehabt. Aber es hat auch einfach nicht so viele Popschlagzeuger gegeben.
Später bin ich dann durch das Vienna Art Orchestra zum Jazz gekommen und habe mich von der Studioszene entfernt. Die Leute haben anscheinend geglaubt, daß man als Jazzschlagzeuger keinen simplen Groove mehr spielen kann.

Und seit einiger Zeit unterrichtest du auch?
Ja, ich unterrichte 6 Wochenstunden in Linz Schlagzeug [an der Bruckner Universität, Anm.] und seit letztem Jahr auch am Vienna Kons. Aber da unterrichte ich nicht Schlagzeug, sondern mache Gehörbildung. Das macht mir unheimlich Spaß. Ich kann ein bißchen Klavier spielen und kenne mich genug aus, um das zu vermitteln. Hoffe ich zumindest.[lacht] Und Intervalle und Akkorde sollte man auch als Schlagzeuger hören können.
Aber das war’s dann auch schon wieder. Also vielleicht ein Drittel meines Einkommen ist Unterrichten, der Rest ist Spielen. Wobei ein Teil davon auch Gebrauchsmusik ist. Aber auch da spiele ich zum Glück immer mit guten Musikern und da macht auch eine Hochzeit oder ein Ball Spaß.

Die beatboxx verlost zwei Exemplare der aktuellen CD „A Rewarding Journey“ des Joris Dudli Sextets. Es ist die erste CD, die unter Joris Dudlis Namen veröffentlicht wurde und bietet Jazz vom Feinsten. Einfach ein Mail mit Betreff „Gewinnspiel Joris Dudli“ an matthias.rigal@beatboxx.at senden! Einsendeschluß ist der 26.4.

Live zu sehen ist das Joris Dudli Sextet am 10. und 11. Juli im Jazzland, jeweils ab 21:00.

Interview & Foto: Matthias Rigal


Joris Dudli

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