Die Götter aus Antwerpen

Bei ihrem Gig im Wiener Flex haben dEUS aus Antwerpen wieder einmal alles gegeben. Ihr unvergleichlicher Musikstil machte die Band Anfang der 90er Jahre zur großen Hoffnung Belgiens, und diese Hoffnung wurde seither nicht enttäuscht. Zumindest nicht, was die Musik betrifft…
von Nicola Puchas

 

Der Saal bebt, die Menge kann kaum genug bekommen von dem einzigartigen Gemisch aus harten Beats, Gitarrenrock und eingängigen Melodien, von der Mischung also, die dEUS seit Beginn der 90er Jahre so erfolgreich macht. „Sometimes I like to play in those shitty places“ erklärt mir der charismatische Säger Tom Barman nach dem Gig vor dem Wiener Flex, wo sich die Band noch ein paar Drinks mit den Fans gönnt. Als ich entgegne, dass dieser „shitty place“ seit Jahren einer der angesagtesten Clubs Wiens ist, kann Tom es kaum glauben, freut sich aber schon auf ein geplantes Open Air Konzert im Herbst in der Arena – die habe doch ein bisschen mehr Flair, meint er, und ich gebe ihm absolut recht. Aber zurück in den shitty place, das Flex, wo die Black Box Revelation als Support ihr Bestes geben. Die zwei Jungs aus Brüssel sind energetisch, ungeschliffen und kraftvoll und es verwundert, wie viel Power ein Duo allein mit Gesang, Gitarre und Drums auf die Bühne bringen kann.

Und dann kommen die Helden des Abends. Die Götter aus Antwerpen. Die großen Talente des Indie-Pop, oder wie auch immer man ihre Musik einordnen mag. Schubladen sind für dEUS zu eng, jede Art von stilistischer Zuordnung widerspricht sich auf ihren Alben nach dreißig Sekunden, spätestens aber beim nächsten Song. Auf der Bühne stehen fünf Männer, die in den letzten fünfzehn Jahren nichts an Kraft eingebüßt haben. Da wird gerockt und geschunkelt, wummernde Elektrobeats und harte Rhythmen werden abgelöst von einfühlsamen Liebesliedern. Und obwohl Tom sich vor dem Gig Gedanken machte, wie sie wohl alle auf diese Bühne passen sollen, und obwohl diese Band in den letzten fünfzehn Jahren so einige Mitglieder verloren und dazu gewonnen hat: dEUS stehen als ein einziger, lodernder Energieball auf der kleinen Bühne und halten die Mischung gekonnt in Balance. Das neue Album „Vantage Point“ nimmt natürlich einen Großteil der Show ein, keine Frage und kein Nachteil. Doch auch alte Fans kommen auf ihre Rechnung, und als zum Schluss noch auf „For the Roses“ der Superhit „Suds & Soda“ folgt haben wohl alle bekommen, was sie erwarteten. dEUS unverfälscht und ungebrochen. Zumindest auf der Bühne.

Denn was danach folgt ist die traurige Wahrheit des alternden Rockstars. Die Drinks mit den Fans werden mehr und mehr, der Whiskey wird ins große Gebinde und von dort in den gierigen Schlund geschüttet, die Augen mancher werden starrer, bei anderen müder. Alan starrt nur noch in eine Richtung, Tom schwirrt mit einer jungen Dame in Richtung Tourbus ab und Mauro torkelt, sogar von den treuesten Fans verlassen, am Kanal entlang. „You looked at me, no more than sympathy…“ singt Tom Barman im wunderbaren Song „Nothing really ends“ und plötzlich bin ich es, die Mitleid in ihrem Blick trägt. Und ich werde irgendwie traurig, weil wohl ich es bin, die für Sex, Drugs & Rock´n´Roll zu alt ist.