Das hat Potenzial

Gottfried Schinagl, seineszeichen Mastermind der Bands Lieblinge der Nation, Jellybeat und Data Hero gehört nach beinahe zwei Jahrzehnten, schon zu den Instutitionen in der österreichischen Indie-Pop Szene. Das aktuelle Album der Lieblinge heißt „Tausend kleine Teile“ und auch Jellybeat wird noch dieses Jahr mit neuem Material aufwarten. Alexander Csurmann im Gespräch mit dem umtriebigen Musiker.

Hier zu lande gibt es viele Stimmen die behaupten, dass Österreich nicht gerade der geeignetste Ort sei um mit anspruchsvoller Popmusik Erfolg zu haben. Wie siehst du die Situation in diesem Land und gab es schon mal die Überlegung es im Ausland zu versuchen?

Nein, diese Überlegung gab es für mich noch nie. Für mich ist Österreich definitiv ein Musikland und wenn man in den Bereich der Klassik sieht, werden einem beinahe jeden Abend Konzerte mit Weltstars geboten und auch Österreichische Musiker, Komponisten und Dirigenten genießen international ein hohes Ansehen. Was den Indie- und Alternative Bereich betrifft, finde ich, hat sich in den letzten Jahren einiges zum Guten entwickelt. Vor allem gibt eine ganze Reihe von Studios und Produzenten, die in der Lage sind  Alben zu produzieren, die den internationalen vergleich nicht scheuen müssen, was meiner Meinung nach lange Zeit ein Manko bei österreichischen Produktionen war. Und wenn man sich Erfolgsgeschichten wie die von Ja,Panik, A life a Song a Cigarette oder Soap & Skin ansieht, merkt man, dass es mittlerweile durchaus möglich ist von Österreich aus eine international erfolgreiche Karriere zu starten. Ein Problem ist nach wie vor die Struktur der Plattenfirmen. So ist es selbst für Ableger von Major Labels schwierig heimische Acts über die Grenzen bekannt zu machen, weil es in vielen Ländern solche Tochterfirmen gibt und diese dann wiederum eher Musiker aus den jeweiligen Nationen fördern.

Auch das aktuelle Album der Lieblinge besticht durch seine professionelle Produktion, wer war für diese verantwortlich?

Das war Paul Wallner und ist einer von diesen Produzenten in Österreich, die einfach wissen wie ein Album auf internationalem Niveau zu klingen hat und das bei der Produktion auch umsetzen können. Aufgenommen wurde die Platte im Studio der Band Heinz aus Wien und wir hatten die besten Voraussetzungen um ein wirklich gut klingendes Album einzuspielen.

"Tausend kleine Teile" ist 2008 erschienen, bist du mit dem Erfolg der Platte bis jetzt zufrieden und glaubst daran, dass noch etwas mehr gehen wird?

Nein, ich glaube nicht dass man den Erfolg noch viel weiter steigern kann. Ich bin der Meinung, der Musikmarkt ist momentan sehr gesättigt und um eine Band wieder in den Mittelpunkt des Interesses zu bringen, muss man sehr viel Geld und Arbeit investieren. Für mich ist die Musik in erster Linie noch immer ein Hobby, das ich neben meinem Job als Redakteur bei gotv ausübe und deshalb ist momentan auch nicht mehr möglich. Auch sind mir meine anderen musikalischen Projekte sehr wichtig und möchte diese nicht vernachlässigen.

Das Album hat für mich einen sehr persönlichen Charakter und schafft thematisch einen großen Spannungsbogen. Was war deine persönliche Intention beim Schreiben der Songs?

Der Titel des Albums bezieht sich teilweise auf die Produktion und Enstehung der Platte. Die Songs sind alle von mir geschrieben und dann zusammen mit Paul weiter erarbeitet worden. Irgendwie ist alles etwas splitterhaft entstanden, denn auch das Schlagzeug und die anderen Instrumente sind erst nach und nach einzeln eingespielt worden. Das Album ist sozusagen erst aus den verschiedenen Einzelteilen zu einem Ganzen geworden. Die Platte ist auch kein Konzept Album, sondern eher ein Gefüge. Textlich versuche ich, inspiriert von Leuten wie Jochen Distelmeyer von Bulmfeld, meine eigenen Gedanken poetisch zu verarbeiten und versuche dabei zum Beispiel mein Interesse für Philosophie mit einfließen zu lassen. Aber ich glaube nicht, dass ich ein besonders guten Poeten abgebe. Andererseits gibt es Songs wie "Sunshine" oder "Das hat  Potential" mit denen ich, einfach einen gewissen lebensbejahenden Charme und Humor ausdrücken möchte.

Es geht aber auch ernster und durchaus gesellschaftskritisch zur Sache, wie zum Beispiel bei "Lass es nicht vorbeigehen" oder "Breakdown"…

Geistig sehe ich mich noch immer mit meinen musikalischen Wurzeln, Punk und Rock verbunden und bei diesen Songs versuche ich auch diesem Teil von mir einen Platz einzuräumen und verarbeite meine Gedanken zu Problemen in der Gesellschaft und im alltäglichen Zusammenleben mit Menschen.

Wie geht es deinen anderen musikalischen Projekte Data Hero und Jellybeat? Das letzte Lebenszeichen von Data Hero liegt schon vier Jahre zurück, gibt es neue Pläne?

Momentan gibt es das Projekt definitiv nicht. Nach dem recht erfolgreichen ersten Album, stieg kurz darauf unser Sänger Gernot Grassl aus der Band aus. 2005 veröffentlichten wir das zweite Album "Shade Of Your Ray" mit dem neuen Sänger Michael Steppan, welches auf Couch Records erschienen ist und auch durchwegs gute Kritiken bekam. Leider fruchtete die Arbeit mit Michael in der darauffolgenden Zeit nicht wie erhofft und so kam es schlussendlich zum Stillstand des Projekts.

Mit Jellybeat gab es im Februar dieses Jahres, einen Auftritt im Vorprogramm von Maximo Park in der wiener Arena, dass kann man aber schon als ein kräftiges Lebenszeichen deuten, oder?

Ja, das war wirklich ein tolles Erlebnis. Wir hatten bei unserem Auftritt schon eine recht ordentlich gefüllte Halle vor uns und die Reaktionen auf unseren Gig waren auch sehr positiv. In der Arena zu spielen ist aber auch aufgrund der tollen Anlage und des professionellen Sounds, eine ganz besonders aufregende Sache.

Die aktuelle Single von Jellybeat, "RE-Beat 2.0" ist eine neue Version eines älteren Tracks der Band. Gibt es schon konkrete Pläne für neues Studiomaterial?

Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck am neuen Material und das Album sollte dann im Herbst dieses Jahres erscheinen. Ich bin sehr angetan von den neuen Songs und dementsprechend groß sind auch meine Erwartungen für den Erfolg des Albums. Nach fünfzehn Jahren in der österreichischen Musikszene, meine ich, ist es jetzt an der Zeit für eine Hitsingle. Aber bevor ich das nicht erreicht habe, bin ich sowieso nicht bereit aufzugeben.

Man kann alle deine bisherigen Projekte mit dem Prädikat Pop versehen aber dennoch hat jedes seine ganz eigene Handschrift. Bleibt die Herangehensweise beim Songwriting für die unterschiedlichen Projekte immer dieselbe, oder gibt es hier Unterschiede?

Im Grunde genommen schon. Wie vorher schon erwähnt, sind meine musikalischen Wurzeln eher in der gitarrenlastigen Musik. Und so entsteht das Grundgerüst der Songs meist mit dem aneinanderreihen von Akkorden auf der Gitarre oder am Keyboard. Ich beschäftige mich ebenfalls seit einiger Zeit mit elektronischer Musik in Richtung House und Drum n´Base. Jellybeat ist für mich eine Art Verbindung beider Interessen, da die Songs sowohl akustisch als auch elektronisch entstehen. Eine Gemeinsamkeit beim Schreiben ist, dass bei all meinen Songs eine eingängige Melodie eine wichtige Rolle spielt. Die restlichen Zutaten, wie Baselines und Drumpatterns, enstehen meist schon gleichzeitig im Hinterkopf während ich an den Harmonien arbeite, da ich auf Grund meiner langjährigen Erfahrung schon ziemlich viele Muster und Möglichkeiten für eine passende Songstruktur in mir abgespeichert habe.

Was alle deine Projekte noch verbindet, sind die äußerst professionellen Videos zu den einzelnen Singles. Hast du bestimmte Leute mit denen du hierfür zusammenarbeitest?

Viele Zusammenarbeiten sind über meine Arbeit bei gotv entstanden, da ich dort natürlich mit vielen Kameraleuten und Menschen aus der Videoszene zu tun habe. Die meisten von ihnen sind aber auch Freunde von mir, wie zum Beispiel Andreas Steinkogler und die Crew von Hertha-produziert. Einige Videos von Data Hero wurden auch von unserem alten Sänger Gernot Grassl gemacht. An den Konzepten arbeite ich teilweise selbst mit und an der Umsetzung bin ich immer beteiligt. Die Arbeit mit diesen Leuten macht mir immer eine riesen Spass und ich glaube das sieht man dann auch an den Ergebnissen.

Die nächste Möglichkeit, Gottfried mit Jellybeat live zu erleben, gibts am 14.Mai im FLUC. Das aktuelle Album „Tausend Kleine Teileder Lieblinge der Nation wird von Hoanzl vertrieben.

Interview: Alexander Csurmann