SARMA RECORDS – Sampler In A Day
Ein Album aufgenommen an nur einem Tag, gemischt an nur einem Tag, gemastert und veröffentlicht an nur einem Tag. Das klingt schon sehr unrealistisch. SARMA RECORDS hat es mit ihrem „Sampler In A Day“ möglich gemacht. Nun ja, um fair zu bleiben wurde das Album an einem Tag aufgenommen und erst am nächsten Tag veröffentlicht. Eine erstaunliche Leistung bleibt es trotzdem. Die Rahmenbedingungen waren dabei folgende: Jeder Künstler*in schreibt innerhalb eines Tages einen Song, nimmt diesen auf und mischt ihn, soweit es möglich ist, selbst. Das Ganze wird gesammelt gemastert und am Abend des darauffolgenden Tags veröffentlicht. Wir haben mit Lukas und Sascha von SARMA RECORDS darüber gesprochen wie sie auf diese wahnwitzige Idee gekommen sind und was für Herausforderungen dies für die Künstler*innen mit sich brachte.
von Adam Zehentner

Die Idee sich auf Künstler*innen zu verlassen, die innerhalb eines Tages jeweils ein Lied schreiben sollen, ist sehr interessant aber auch ein gewisses Wagnis. Wie entsteht so eine Idee?
Lukas: Das Konzept kommt eigentlich aus der Youtube-Welt. Es gibt Youtuber, die genau solche oder so ähnliche Challenges gemacht haben. Da gibt es welche, bei denen die Aufgabe war in einem Tag einen Song aufzunehmen, aber auch z.B. an einem Tag ein Album. Ich habe auch jemanden gesehen der schreibt einen Song und trinkt zwölf Bier innerhalb einer gewissen Zeit. Ich fand die Idee sich einen Spaß daraus zu machen und auf spielerische Art und Weise Musik zu schreiben einfach cool. Während dem Ansehen dachte ich mir bereits: „Ich würde gern bei so etwas mitmachen“. Außerdem bot es sich an, da ich in den Lockdown-Zeiten gemerkt habe, dass kulturell einfach wenig passiert. In unserer Community war das besonders auffallend, da in den letzten eineinhalb Jahren das Graf Hugo, was ein wichtiger Bestandteil der Szene war, den Bach runtergegangen ist. Als dann die Pandemie dazu kam, bekam man das Gefühl, dass die Community nicht mehr da ist. Trotz all dem war es aber auch eine egoistische Entscheidung, da ich selbst bei sowas mitmachen wollte (lacht). Alleine macht es aber auch keinen Spaß und so habe ich mir gedacht vielleicht bring ich ein paar Künstler*innen zusammen.
Als die Idee dann gestanden hat, wie ist die Kommunikation im Vorfeld gelaufen? Wie haben die Künstler*innen auf die Anfrage reagiert?
Lukas: Die meisten waren gleich am Start. Man hat gemerkt, dass die Leute hungrig sind und wieder was machen wollen. Die allermeisten haben nicht lange überlegt. Von vierzehn Künstler*innen hat nur einer abgesagt, da er keine Zeit hatte.
Wie war denn die Stimmung dabei? Gab es auch Leute, bei denen man gemerkt hat, dass sie ein wenig Respekt vor der Herausforderung haben?
Sascha: Lukas hat von Anfang an eine WhatsApp Gruppe erstellt, wo alle mit drin waren und da ist es schon ziemlich abgegangen. Es war sehr cool, dass gleich eine Diskussion entstanden ist. Dabei hat man von „ich habe übel Bock auf die Sache“ bis hin zu „ich bin mir nicht sicher, ob ich es schaffen werde“ alles gelesen. Ständig gab es Updates wie weit wer gerade war. Hierbei vielleicht gleich ein großes Lob auch an Lukas, wie gut er alles organisiert hat. Ich selbst war ja eher unterstützend dabei und habe selber nicht mitgemacht. Es war aber sehr schön das als Außenstehender mitzuerleben und zu sehen wie schnell ein Gemeinschaftsgefühl entstehen kann.
Wie lange war, die Vorlaufzeit für die Künstler*innen bevor der Tag gekommen war?
Lukas: Ich denke drei Wochen. Der Gedanke bei der Gruppe war auch, dass die Community sich im Vorfeld austauscht. Ich habe bei mir Daheim Updates gemacht was die Raumakustik betrifft und das dann in die Gruppe gepostet, in der Hoffnung, dass man auch sieht wie sich andere darauf vorbereiten. Der Gemeinschaftsgedanke war mir einfach wichtig. Im Nachhinein war diese Kommunikation in der Gruppe auch etwas vom Schönsten an der ganzen Geschichte. Es macht einfach Spaß zu sehen wie sich alle darauf freuen und vorbereiten.
Wie waren die konkreten Vorgaben für die Challenge von eurer Seite?
Lukas: Vorgabe war innerhalb von vierundzwanzig Stunden einen Song zu schreiben und zu mischen. Dabei sollten alle bei null anfangen. Nichts sollte im Vorhinein vorbereitet werden, außer der Infrastruktur natürlich. Es ging um Mitternacht los und endet wieder um Mitternacht. Die meisten haben sich auch selbst gemischt. Ein paar einzelne Künstler*innen, die die Möglichkeit nicht hatten, hat Sascha gemischt. Man muss aber sagen, dass wir die Einhaltung dieser Vorgaben natürlich nicht kontrollieren konnten. Es war alles auf Vertrauensbasis, was auch einfach Sinn der Sache ist. Ich habe davor allen gesagt sie sollen diese Herausforderung für sich persönlich annehmen und mehr können und wollen wir dann auch nicht tun.
Als Außenstehender stellt man sich diese vierundzwanzig Stunden sehr spannend vor. Könnt ihr vielleicht kurz zusammenfassen wie der Aufnahmetag sich angefühlt hat?
Sascha: Was mich sehr begeistert hat, war, dass Punkt Null Uhr bereits die ersten Bilder von Gitarren, Interfaces usw. eingetrudelt sind. Viele haben wirklich in der Nacht noch begonnen und man konnte es mehr oder weniger live miterleben, wer was gerade macht. Irgendwann hat es sich dann ein wenig gelegt und untertags ist es dann weiter gegangen.
Lukas: Es gab Leute die haben in ihrem Proberaum geschlafen. Daniel (MISTY CHAMBERS) beispielsweise hat gesagt, dass er in der Nacht am kreativsten ist. Er ist so um vier Uhr Nachts dann irgendwann schlafen gegangen. Und in der Früh wieder aufgestanden, um weiterzumachen. Jeder ist da ein wenig anders und das hat man gemerkt.
Ist dabei alles nach Plan gelaufen oder hat es auch Krisen gegeben?
Lukas: Bei mir selbst hat es eine sehr große Krise gegeben. Ich habe meinen Song, den ich über den Tag gemacht habe um Zehn Uhr abends verworfen. Ich konnte es einfach nicht mehr hören. Die anderen haben mir auch teilweise geschrieben, als sie Probleme hatten. Sigi (FALLEN SONS UNION) meinte irgendwann er habe nur ein Caj ón für die Drums, was beschissen klingt. Sandro (THE HUNGRY ITALIAN) meinte zwischendurch mal er habe keinen Bock mehr, und dass er jetzt einen Film schauen wird. Der hat sich dann am Nachmittag einen Film angesehen und danach wieder weiter gemacht. Es war sehr unterschiedlich.
Sascha: Das ging aber auch in die andere Richtung. Adrian (HIRAETH) hatte anscheinend am Vormittag zehn Varianten aufgenommen, was für ihn einfacher ist denn seine Musik sind atmosphärische Loops mit der Gitarre, die eh jedes Mal anders sind. Er schrieb mir dann mittags: „Hey ich glaube das ist der beste Take, hör mal rein“. Ich sagte ihm dann, dass es sehr gut klingt, woraufhin er antwortete: „Ok cool dann geh ich jetzt Fahrradfahren“.
Sascha du warst für die Technik dahinter verantwortlich und hast für die, die selbst nicht mischen konnten, die Studioarbeit übernommen. Wie war denn der Tag für dich?
Sascha: Ich habe es recht gemütlich genommen. Nachts hab ich noch ein zwei Bier getrunken bis das Handy aufhörte zu bimmeln. Am nächsten Tag bin ich vormittags aufgestanden und habe mehr oder weniger gewartet bis die ersten Sachen eingetrudelt sind. Das ging dann wie gesagt auch recht flott. Der erste Track kam um Zwölf und der zweite dann auch schon um zwei Uhr nachmittags. Somit hatte ich also auch gleich mal was zu tun. Schlussendlich waren es zwei Songs an diesem Nachmittag und den dritten habe ich am Tag danach gemacht. Das war schon auch anstrengend, muss ich sagen. Mein Glück war, dass die Künstler*innen, die ich gemischt habe, so schnell fertig waren, sonst wär es für mich sehr knapp geworden.
Wie habt ihr das Mastering gemacht?
Sascha: Gemastert haben wir nicht selbst. Wir haben es online gemacht, da es ja doch recht schnell gehen musste. Man muss sich das mal vorstellen, am Samstag aufzunehmen und am Sonntag um sechs Uhr abends das fertige Produkt zu präsentieren. Außerdem ist es, wenn jeder selbst mischt gar nicht so schlecht, wenn der Mastering-Prozess standardisiert ist.
Wie war das Feedback bei den Künstler*innen?
Lukas: Für mich der beste Moment war am Sonntag um Sechs mit allen gemeinsam die fertigen Songs durchzuhören. Manche posteten Bilder wie sie sich eine Pizza bestellt haben und gemütlich mit einem Bierchen den Sampler durchhörten. Es wurde dann fleißig kommentiert und der allgemeine Tenor war sehr positiv.
Sascha: Ich denke für die Künstler*innen war es sehr interessant zu hören, was die anderen gemacht haben. Lukas und ich hatten die Songs recht schnell in der Hand und wussten wie sie klingen. Wenn man aber einfach abliefert und bis auf die WhatsApp Nachrichten nichts von den anderen mitbekommt, muss es wahnsinnig aufregend sein. Das einzige, was man weiß ist, dass der eigene Song drauf ist. Es hätten ja zwölf Doom-Songs und ein Gypsy-Song sein können (lacht). Die Wahrheit ist aber das es ein sehr schöner Mix geworden ist.
Lukas: Was mich außerdem sehr gefreut hat ist, dass alle gesagt haben, dass es sehr motiviert hat und auch für manche neue Wege eröffnete. Mona Ida beispielsweise meinten sie haben dadurch gelernt, dass sie bei sich im Wohnzimmer Songs aufnehmen und produzieren können, die am Ende sehr gut klingen. Der Weg vom Instrument bis zum fertig produzierten Song ist nicht so kompliziert wie man es sich manchmal vorstellt.
Was hat das Projekt bei SARMA RECORDS ausgelöst?
Sascha: Ich glaube schon, dass das sowas wie unser Ding werden könnte. Wir werden es auf jeden Fall wiederholen und auch ausbauen.
Lukas: Ich habe auch gemerkt, dass ein Ball ins Rollen gekommen ist. Es haben sich viele gemeldet, dass sie auch gern bei so einem Projekt mitmachen würden und die, die dabei waren würden es gern wiederholen. Wir sind auch schon dran das Konzept noch zu verfeinern. Für uns als Label war das eine sehr gute Sache und hat einen weiteren Teil unserer Identität geformt. Wie Sascha schon gemeint hat, das könnte durchaus auch zu unserem Ding werden. Wir haben ohnehin nicht so viel Interesse an klassischer Labelarbeit und so ein Projekt fühlt sich für uns nicht wie Arbeit an. Wir sind schlussendlich alle Musiker.
Über SARMA RECORDS
Das Label wurde in Vorarlberg gegründet mit der Idee der Szene vor Ort eine Plattform und ein Gesicht zu geben. Sie sehen sich selbst dabei eher als ein Kollektiv als ein Label, das den schönen Gedanken hat Musiker zusammen zu bringen. Bei der Frage nach ihren Intentionen antworteten sie uns, dass es ihnen vor allem darum gehe Fähigkeiten zu bündeln. Es hat eben nicht jeder ein Studio zu Hause und nicht jeder kennt Leute die Konzerte organisieren. All das soll bei SARMA RECORDS zu einem Netzwerk zusammengeführt werden.