Surfin‘ with the Russians
Der amerikanische Gitarrist und Sänger Jancee Warnick trifft im Kölner Exil auf zwei verrückte Russen und gründet mit ihnen eine der skurrilsten und explosivsten Rock‘n’Roll-Bands unserer Zeit – The Jancee Pornick Casino. Schlagzeuger Stanislav Torbotrous im Interview.
Wann hast du angefangen Schlagzeug zu spielen?
Ich glaube, ich habe so mit zwölf Jahren angefangen. Damals habe ich noch in Leningrad (St. Petersburg – Anm. d. Red.) gelebt. Ich habe mit meinem Bruder, der Bass spielt, immer Musik gemacht. Mein erstes Set habe mir aus Blechtrommeln zusammengestellt. Fußmaschine hab ich mir selber eine zusammen gebaut. Das hat dann dementsprechend geklungen.
Hast du Stunden genommen, oder bist du Autodidakt?
Ich habe mir alles selber beigebracht.
Und was waren deine Einflüsse?
Ende der 80er und Anfang der 90er war die Rock’n’Roll-Welle in Russland ziemlich groß. In St. Petersburg gab es auch ein paar Rockclubs und da war ich bei Konzerten immer dabei. Mein Vater war übrigens der erste Vorsitzende des einzigen Jimi Hendrix-Fanclubs der Sowjetunion. Von meinem Vater hatte ich auch alte LP’s, für die er noch richtig blechen musste, oder die er gegen ein Paar Jeans eingetauscht hatte. Das waren Sachen wie Black Sabbath und Suzi Quatro (lacht). In der Sowjetunion gab es nur ein Label – „Melodija“ und das war natürlich staatlich. Die haben erst ziemlich spät eine Rockreihe produziert, mit Platten von den Doors, den Beatles und solchen Sachen. Das war aber schon in den 80ern.
Wer waren deine Lieblingsdrummer?
Ich habe nie richtige Schlagzeugidole gehabt. Ich hab mir schon Lehrvideos angesehen und habe mir ein paar Techniken abgeschaut. Aber ich muss dazu sagen, dass ich technisch nicht sehr versiert bin. Ich bin eher so ein Beattyp. Ich fahre einfach auf gute Beats ab. Als Housemucke in war, habe ich auf Partys Percussion gespielt und habe mir metronomtechnisch einiges angeeignet.
Was spielst du für ein Schlagzeug?
Ein Sonor. Das hab ich mir mal gekauft. Es war ziemlich billig. Aber wenn mal viel tourt, geht ein Schlagzeug ziemlich schnell kaputt. Davor hatte ich auch ein Sonor, aber das war so lala. Becken und Ständer gehen auch relativ schnell ein. Einmal Bier ausgekippt, und schon ist das Teil hin.
Wann bist du nach Deutschland gekommen?
Das war 1994. Ich bin damals mit meiner ganzen Familie hier her gezogen.
Wie bist du zum Pornick Casino gekommen?
Ich habe Vladimir, unseren Bassisten, über einen anderen russischen Bassisten kennen gelernt. Die Russen kennen sich halt untereinander (lacht). So bin ich dann zu Jancee gestoßen.
Hast du auch noch in anderen Bands gespielt?
In Russland habe ich, wie gesagt, mit meinem Bruder zusammen gespielt. In Deutschland hat es dann mehrere Projekte gegeben. Ich habe bei einer Reggae- und bei einer Funkband getrommelt und ein Drum‘n‘Bass-Projekt gab es auch noch. Ich hab schon alles möglich ausprobiert.
In deinem Profil auf eurer Homepage steht, dass du folgende Dinge magst:
Katzen.
Habe ich das geschrieben? Aber es stimmt, ich habe eine Katze.
Quentin Tarantino?
Das kommt hin.
Tolstoij?
Nein, den mag ich nicht.
Russisches Essen, russische Kultur?
Ja, das auf jeden Fall.
Theater?
Ja, mag ich. Ich habe auch beim Theater gearbeitet.
Stimmt es, dass du absurdistische Theaterstücke schreibst?
Ja, vor zwei Jahren habe ich ein Stück geschrieben. Ich habe auch schon geschauspielert. Und Regie geführt. Theater ist meine zweite Leidenschaft.
Auf der eurer Homepage steht auch, dass du nur beim Pornick Casino spielst, um deine astronomisch hohen, monatlichen Zahnarztrechnungen zu bezahlen.
Genau, das stimmt (lacht). Eigentlich sollte ich mir alle Zähne ausschlagen lassen und ein Gebiss kaufen, das ist auf jeden Fall billiger.
Du magst traurige Musik, aber keine lustige Musik.
(lacht) Das hat wahrscheinlich Jancee geschrieben. Das liegt glaub ich daran, weil er immer sagt, russische Musik klingt so traurig. Die Texte seien immer traurig. Aber eigentlich bin ich kein Kind von Traurigkeit.
Wie schaut’s mit einer neuen Platte aus? Habt ihr schon was in Arbeit?
Ja, wir nehmen gerade auf. Im Herbst sollte sie dann erscheinen.
Wie schreibt ihr die Songs?
Jancee kommt meistens mit einer Songidee und mit den Texten, und die arbeiten wir dann zusammen aus. Teilweise haben wir auch russische Texte, die ich oder Vladimir schreiben.
Wie schaut der Tourneealltag aus?
Normalerweise sind wir den ganzen Tag auf Achse. Nach dem Soundcheck hängen wir meistens ein bisschen rum und warten auf unseren Auftritt.
Und nach dem Gig?
Ja, das ist eigentlich immer unklar. Es können Sachen passieren (lacht).
Wann spielt ihr das nächste Mal in Wien?
Das kann ich dir jetzt nicht genau sagen. Aber es ist auf jeden Fall etwas in Planung. Das steht dann schon früh genug auf unserer Homepage.
Interview: Alexander Schöpf
Fotos: Toums