Klaus Brennsteiner

Scheibsta & die Buben haben gerade ihr erstes gemeinsames Album aufgenommen, welches jetzt im November erscheinen wird. Wann wurde der Grundstein dafür gelegt?

Begonnen hat das Ganze im Oktober vorigen Jahres. Wir haben damit angefangen, Proberaum-Sessions zu spielen. Das heißt wir haben uns regelmäßig im Proberaum getroffen und ohne konkrete Idee jeden Tag einige Nummern aufgenommen – sowohl Audio als auch Video. Mit ‚wir‘ meine ich David Binderberger an der Gitarre, Lukas Pamminger am Bass, Philipp Bernsteiner an den Keys, Johann Öttl an der Trompete und der rappende Scheibsta. Wir haben uns einmal im Monat getroffen und versucht, das umzusetzen, bis wir vergangenen April dann die besten Stücke ausgesucht und beschlossen haben, eine Platte zu machen.

Eingespielt habt ihr die Platte dann in einer – zumindest für eine Hip Hop-Scheibe – recht ungewöhnlichen Location.

Ja, die Location war das 600 Jahre alte Schloss Goldegg, auf das wir zufällig gestoßen sind, aber in dem wir ideale Bedingungen vorgefunden haben – der Raum war perfekt und riesig, mit Holzboden und massiven Steinwänden. Nichts dort drinnen war parallel und es hat einfach nur fantastisch geklungen. Dort haben wir das Album dann innerhalb von drei Tagen aufgenommen und die Vocals sind im Nachhinein dazugekommen. Präsentieren werden wir das Ganze dann am 21. November im Jazzit in Salzburg und am 27. November im Fluc in Wien.

Sind bei euch alle Arrangements direkt in den Sessions entstanden?

Die Proberaum-Sessions muss man sich so vorstellen, dass wir um 9 in der Früh in den Proberaum gegangen sind und zwei Stunden später bereits die erste Nummer im Kasten war. Es ist immer jemand mit einer Idee gekommen, zu der wir gejammt haben. Einzelne Parts wurden dann besprochen und ausgemacht. Das haben wir meistens, so gut es eben in der jeweiligen Session geworden ist, sofort aufgenommen.

Ist bei den Sessions alles Freestyle?

Bei der Proberaum-Session war wirklich alles Freestyle. Ich kenne auch niemanden, der das so kann wie der Scheibsta. Daraus sind dann in weiterer Folge die fixen Ideen für das Album hervorgegangen.

Seit wann spielt ihr schon zusammen?

David, Lukas und ich spielen schon recht lange immer wieder zusammen auf verschiedenen Sessions. Irgendwann haben wir den Scheibsta angerufen, dass er dabei sein soll, weil er immer das gesamte Publikum mit einbezieht, was recht lustig ist für alle Beteiligten. Wir spielen also jetzt seit circa fünf Jahren in dieser Form zusammen.

In einem Interview hast du einmal erwähnt, dass du beim Spielen in der Schulband gelernt hast, die Ohren aufzusperren – vor allem, weil ihr nicht nach Noten gespielt habt. Spielst du nach wie vor lieber frei und denkst du hat sich das auf deine Stärke beim Jammen ausgewirkt?

Das hat sich auf jeden Fall positiv ausgewirkt. Ich meine, Noten haben schon eine Qualität für sich. Aber ich finde, dass – gerade am Schlagzeug – immer weniger zugehört wird, sondern es nur noch um Time, athletische Disziplin und Geschwindigkeit geht. Ich finde das bedenklich, wenn man das Spielen in eine Art sportliche Disziplin verwandelt. Das geht für mich am Ziel vorbei. Deshalb finde ich es wichtig, sich mehr aufs Hören zu verlassen. Bei mir selbst habe ich bemerkt, dass ich mir Musik noch besser merke, wenn ich sie oft höre und auswendig lerne, statt sie nur zu lesen. Dann habe ich nämlich die Nummern auch nach vielen Jahren noch drauf. Mir ist es extrem wichtig, zu hören was rund um mich abgeht. Das Schlagzeug ist ja ein Kommunikationsinstrument – dem versuche ich in dieser Hinsicht nachzukommen. Natürlich hat gerade das Schlagzeug eine starke physische Komponente, aber man muss auch darauf hören, was man an diesem Instrument produziert. Das gilt sogar für ein Practice Pad. Man sollte immer auf den Sound Wert legen, den man produziert und es nicht nur als körperliche Übung verstehen. Das wichtigste Instrument, das wir haben, sind grundsätzlich unsere Ohren. Jeder, der etwas mit Musik zu tun hat, ist ja daran interessiert, dass es gut klingt. Der Sound ist dabei klarerweise eine wichtige Komponente. So ein Schlagzeug ist ja ein extrem komplexes Ding – wir schlagen mit Holzstöcken auf Plastikmembrane und Metallringe drauf.

Wodurch bekommt man einen guten Sound?

Dadurch, dass man lernt, die Kontrolle darüber zu haben, wo man wie viel Energie hineinlegt. Wenn ich auf alle Teile mit der gleichen Intensität draufschlage, bekomme ich unterschiedliche Ergebnisse. Hier kommt das Zuhören ins Spiel. Denn genauso wie in der Sprache bestimmte Laute intensiver wahrgenommen werden, weil sie eine andere Frequenz haben, verhält es sich am Set mit HiHat, Snare oder Becken. Was man beim Mixen am Computer macht, muss man quasi in real time am Set schaffen – was nehme ich zurück und was schraube ich rauf. Darüber muss man die Kontrolle haben. Mir hilft es sehr, mich selbst aufzunehmen. Man bekommt dadurch eine objektivere Wahrnehmung.

…und oft auch einen Schock.

Genau. Man hört dann sofort, wenn etwas zu laut oder zu ungenau gespielt ist. Am besten einfach ein Mikro dorthin stellen, wo ein Zuhörer stehen könnte und sich dieser harten Erfahrung stellen, die aber ganz wichtig ist für die Entwicklung.

Du warst lange Zeit am Drummer’s Focus in Salzburg als Dozent tätig. Unterrichtest du deine Schüler auch vor allem übers Gehör?

Es ist unterschiedlich. Je nachdem, wer was lernen will und wie jemand am besten lernen kann. Die einen haben mehr Zugang über die Noten, die anderen vielleicht mehr über das Körperliche. Aber mit Noten ist es wie mit dem Lesen lernen – es eröffnet einem Welten. Ich schreibe zum Beispiel oft auf, was ich selber spiele. Ich habe mir angewöhnt, recht wenig nach Noten oder Büchern zu üben, jedoch das gerade Geübte häufig zu notieren. Aber jeder ist anders und da muss man seinen eigenen Weg finden.

Wie hat dein Weg begonnen?

Es war eigentlich ganz lustig, weil mein Volksschuldirektor meiner Mutter gesagt hat, dass der Bub ein bissl viel Energie hat und man da etwas machen muss, zum Beispiel Schlagzeug spielen. (lacht) In der Folge habe ich mit zwei Schulfreunden gemeinsam Unterricht gehabt. Der Lehrer tut mir noch immer ein bisschen leid. Im Endeffekt war dann aber die Schulband entscheidend, dass es bei mir klick gemacht und mich die gesamte Musik gefesselt hat. Außerdem war natürlich das Musikmachen mit anderen Menschen aufregend.

Welche Sounds haben dich dann besonders gefesselt und deinen Geschmack geprägt?

Eine Zeit lang war es vor allem Jazz, Funk und Fusion – geprägt durch meine Musikschullehrer. Natürlich mit den klassischen Namen: Steve Gadd, Vinnie Calaiuta, Dennis Chambers und so weiter. Das hat sich dann in der Folge ein bisschen in eine Pop/Funk-Richtung entwickelt, von James Brown über U2 bis hin zu diversen Singer/Songwriter-Sachen. Im Moment gilt mein Interesse vermehrt elektronischen Richtungen. Eines war aber immer ganz vorne mit dabei – nämlich Hip Hop. Ich habe mir mit sechzehn schon Mixtapes zusammengestellt mit Leuten wie Tupac oder Xzibit, obwohl ich noch kein Wort verstanden habe. Es war aber einfach dieser fette Sound, der es mir angetan hat und auf den ich immer noch stehe. Mir gefällt halt Bassmusik – irgendein Bass muss immer dabei sein. Die Beats nehmen beim Hip Hop natürlich eine zentrale Rolle ein und es ist ja auch eine sehr klare und strukturierte Musik.

Von wem hast du dir in Bezug auf Hip Hop an den Drums viel abgeschaut?

An einigen führt natürlich kein Weg vorbei. Questlove ist eine zentrale Figur für mich, genauso wie Chris Dave. Ich höre in letzter Zeit auch viel von Richard Spaven, der mit Flying Lotus gespielt hat – ein wahnsinniger Typ. Abgesehen davon finde ich, dass sich in der deutschen Drummerszene einiges getan hat. Drummer wie Felix Lehrmann, Moritz Müller oder Benny Greb haben dazu beigetragen, dass das Instrument mehr im Fokus steht und ernster genommen wird.

Ist mit The Talisman Collection wieder etwas in Planung?

Ja, das war lange Zeit mein Hauptprojekt. Aus Zeitgründen war jetzt weniger los, aber wir schreiben nach wie vor neue Sachen und werden im Winter auch eine DVD veröffentlichen. Wir wurden auf unserer Irland-Tour vor zwei jahren von einem Filmteam begleitet. Es ist ganz witzig, sich selbst aus dieser Perspektive zu sehen. Ansonsten machen David, Lukas und ich einige Sessionprojekte abseits von Scheibsta & die Buben und The Talisman Collection.

Baust du eigentlich bei allen Projekten auf das gleiche Set?

Ich habe quasi ein Arbeitstier und das ist das Sonor ProLite. Das ist immer und überall im Einsatz. Ich variiere natürlich bei der Zusammensetzung. Ich spiele mich sehr gerne mit diversen Elementen, also dass ich verschiedenste Formen von Sticks und Rods nehme oder es auf eine bestimmte Weise präpariere. Dadurch dass ich derzeit sehr viel aufnehme und im Studio beschäftigt bin, ist bei mir das Interesse an allen möglichen Sounds sehr stark. Ob man eine Plastikfolie zerquetsch oder was auch immer – alles ist erlaubt und fast alles fasziniert mich, wenn es um Sounds geht.

 

Interview: Moritz Nowak

 

Photo (c) Patrick Langwallner

 

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