Robert Castelli´s Boom Quartett

Robert Castelli´s Boom Quartett, gehört zweifellos zu den besten Acts der österreichischen Jazzszene. Das Debutalbum erhielt international hervorragende Kritiken und auch live konnten die Musiker bereits ein großes Publikum von ihren Qualitäten überzeugen. Alexander Csurmann traf den charismatischen Drummer und Bandleader, um mit ihm über die Vergangenheit und Zukunft der Band zu sprechen.
Wie kam das Boom Quartett zustande?
Mit meinen ehemaligen Bassisten Peter „Strutzi“ Strutzenberger, der auch das Album gemastert hat, spielte ich schon früher als ich nach Wien kam einige Gigs, in verschiedensten musikalischen Konstellationen. Über ihn lernte ich bei einem Gig Tom Müller, unseren Saxophonisten kennen und fand, dass er ein großartiger Musiker ist. Mike Scharf traf ich bei Sessions im Café Concerto und im Tunnel Live Club. Ich mochte seinen Sound sofort und so enstand die Idee ein Quartett zu gründen.
Was war der Grund für den Ausstieg von Strutzi?
In erster Linie hatte dies damit zu tun, dass er ein vielbeschäftigter Musiker ist und nicht die Zeit für die Band aufbringen konnte, die er respektive die Band benötigt hätte. Andererseits war ich – trotz gutem Feedback – von unserem Live-Set zu dieser Zeit, nicht vollkommen überzeugt. Abgesehen davon, dass Strutzi ein sehr guter Musiker ist, hatte das Zusammenspiel von Schlagzeug, Bass und Gitarre auf der Bühne für mich nicht die notwendige Geschlossenheit. Und so kam es dann zum Ausstieg von Strutzi. Unser neuer Bassist heißt Patrick Zambonin – ein gebürtiger Schweizer – der am Berklee College of Music in Boston studierte, wirklich ein außergewöhnlicher Musiker ist und sich gut in die Band eingefügt hat.
Ich habe gelesen, dass du im Juni auch in London auftreten wirst. Wie ist es dazu gekommen?
Ja, ich wurde von dem, in London lebenden, sehr renommierten israelischen Saxophonisten Gilad Atzmon eingeladen und sollte mit ihm in einem großen Londoner Club spielen. Aber da er mit seinem Projekt selbst ein paar Wochen vorher dort spielt, hat ihm sein Management davon abgeraten. Nichts desto trotz habe ich mit dem Quartett zwei Gigs bekommen. Das Ganze wird so etwas wie eine verspätete internationale Albumpräsentation. Leider kann ich nicht mit der ganzen Band nach London reisen, da das unsere finanziellen Möglichkeit überschreiten würde, so werden nur Patrick und ich dabei sein. Unterstützt werden wir dort vom Saxophonisten Mornington Lockett und von Nick Meier an der Gitarre. Nick ist ein ehemaliger Studienkollege und Freund von Patrick, dessen Musik ich sehr schätze. Er hat diesen gewissen World-Music Einfluss in seinen Kompositionen, und das ist auch die Richtung in die ich mit Boom gerne gehen würde. Ich sehe in diesen Gigs auch die Möglichkeit, dass aus dieser Konstellation durchaus etwas Neues entstehen und wachsen kann.
Der World-Music Tendenz ist teilweise auch auf dem aktuellen Boom Quartett Album hörbar, wie konkret soll es in Zukunft klingen?
Ich wollte zum Beispiel auch schon auf diesem Album Akustikgitarren-Arrangements mit Percussions einfließen lassen, da ich selbst auch seit 35 Jahren Gitarre spiele und auch das ein wichtiger Aspekt meines musikalischen Ich ist. Doch dafür hätten wir auch mehr Musiker benötigt und wir hatten nicht die Zeit das auszubauen.
Eine Musik, die ich sehr schätze und die zum Teil meinen Vorstellungen sehr nahe kommt stammt vom marokkanischen Schlagzeuger Karim Ziad. Ähnlich wie auch bei ihm, sollte der Boom Sound die Energie und das Lebensgefühl von World-Music mit den Harmonien und der Improvisation von Jazz vereinen. Zusätzlich stelle ich mir auch gewissen Einflüsse von der Musik der Beatles und Jimmy Hendrix vor, da ich meine Musik hauptsächlich auf der Gitarre komponiere und ich schon früh von diesen Künstlern inspiriert wurde.
Wie verläuft der Songwriting Prozess für die Musik des Boom Quartetts?
Meistens gibt es ein ganzes Konzept, das in meinem Kopf schon fertig ist, und ich versuche dann dieses fertige Gedankenkonstrukt in Tönen auszudrücken. Entweder versuch ich diese aufzuschreiben oder verwende dafür verschiedene Programme und Sequenzer. Meistens gebe ich der Band dann programmierte Sounds und Noten, da man das notwendige Gefühl für einen Song nicht über die Noten ausdrücken kann. Ich vergleiche Notenlesen gerne mit Stadtplänen. Sie können anfangs sehr hilfreich sein um sich zu orientieren, doch wenn man die Strecke ein paar mal gegangen ist benötigt man sie nicht mehr und hat dann die Möglichkeit sich mit der Umgebung auseinander zu setzten und achtet dann auf die vielen Details die diesen Weg ausmachen.
Ich möchte nicht arrogant wirken oder mir anmaßen darüber entscheiden zu können wie Andere die Musik hören oder fühlen sollten, doch es gibt Musiker die das selbe Programm über Jahre hinweg spielen und dennoch immer vom Blatt lesen und ich kann mir nicht vorstellen, dass man beim ständigen Vorauslesen wirklich in und mit der Musik, die man spiel, verbunden ist. Miles Davis sagte dazu einmal: „It is not the note that you play, it´s the note after who gives the note before the quality it has.“
Meistens basieren meine Songs aber auf sehr kleinen rythmischen Teilen und der Rest ist dann improvisiert, also gibt es dann auch gar nicht viel aufzuschreiben. Andersrum enstehen sie aus kleinen Melodien, die sich dann zum Ganzen zusammenfügen. Zum Beispiel entstand der Track African Dance vom aktuellen Album, aus einer Schlagzeugübung für einen synkopierten 6/8-Rhythmus, die mir der New Yorker Schlagzeuger Joe Ascione gegeben hat. Diese kam mir beim Improvisieren mit der Gitarre in den Sinn, und der Rest hat sich dann fast wie alleine aus dieser Übung heraus entwickelt. Mehr oder weniger ist das die Art und Weise wie viele meiner Songs entstehen.
Wie verliefen die Aufnahmen zum Album, und wie siehst du das Ergebnis im Rückblick?
Ursprünglich wollte ich aus Kostengründen das komplette Album in zwei Tagen aufnehmen, aber spieltechnisch war dies einfach nicht möglich. Auf der anderen Seite wollte ich auch kein mittelmäßiges Produkt präsentieren, vor allem weil es unser Debutalbum ist und wenn jemand das erste Album in einem Review als mittelmäßig abstempelt, wird es noch schwieriger mit dem nächsten Album wieder auf offene Ohren zu stoßen. Am Ende hatten wir ein Produkt das zu sechzig Prozent meinen Vorstellungen entsprach, was daran lag, dass wir bei der Produktion auf vieles verzichten mussten. So gab es zum Beispiel kein Overdubbing, alles auf dem Album ist live eingespielt, was auf der anderen Seite auch wieder ein gutes Bild vom Können der Band zeigt. Doch hätte ich gern einen fetteren Sound, mehr rhythmische Elemente im Hintergrund und auch Sounds verwendet. Dementsprechend aufgeregt und nervös war ich beim Gedanken, es von internationalen Kritikern beurteilen zu lassen. Doch die Befürchtungen haben sich erfreulicherweise nicht bestätigt, und so bin ich rückblickend sehr zufrieden und glücklich mit den Ergebnis.
Kam es aufgrund der positiven Resonanz auch schon zu Anfragen von Plattenfirmen?
Ich bin momentan im Gespräch mit der ACT Music Company in Deutschland, und sie wären bereit das Marketing und den Vertrieb zu übernehmen. Das wäre natürlich eine tolle Möglichkeit, in Zukunft ein breiteres Publikum zu erreichen. Doch wie überall, ist auch bei ACT derzeit die Frage der Wirtschaftlichkeit eine entscheidende und deshalb bleibt noch abzuwarten, was sich letztendlich aus den Gesprächen ergibt.
Gibt es auch schon neues Material und Pläne, für das nächstes Album vom Boom Quartett?
Ja, ich arbeite eigentlich ständig an neuem Material und es gibt konkret fünf Stücke die eindeutig in die World-Music Richtung gehen, eine Funk- und eine traditionelle Jazznummer. Wir spielen jetzt noch Gigs in Österreich, möglicherweise auch wieder im Porgy & Bess, dann gehts für mich und Patrick nach London. Danach möchte ich definitiv mit der Band die Arbeit am neuen Album beginnen. Ich denke, es sollte bis zum Herbst fertiggestellt sein.
In Österreich ist das Boom Quartett, das nächste mal am 23. April im MACHBAR in Klosterneuburg und am 4. Mai im Tunnel Live Club Vienna auf der Bühne zu sehen.
Neuigkeiten und alle anderen Informationen zu Robert Castelli´s Boom Quartett, finden alle Interessierten auf der Seite www.myspace.com/robertcastelli. Weiters verlost das Beatboxx-Musikmagazin an den ersten Leser der eine E-mail mit Namen und Anschrift an den Redakteur sendet, ein aktuelles Album der Band.
Interview: Alexander Csurmann
Foto: Robert Castelli