Kein Musikantenstadl

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Am vergangenen Samstag ging die Eröffnungsgala des Akkordeonfestivals im Jugendstiltheater im 14. Wiener Gemeindebezirk über die Bühne. Das Festival findet heuer zum zehnten Mal statt. Backbeat-Redakteur Alexander Schöpf traf Friedl Preisl, das Mastermind hinter dem Akkordeonfestival, zum Interview.

Ausgestattet mit einer hellblauen Brille, die farblich genau auf sein Hemd abgestimmt ist, erwartet Friedl Preisl im Café Hummel in der Josefstadt Beatboxx-Redakteur Alexander Schöpf zum Interview. Preisl, der in Währing wohnt, ist der Mann hinter dem Akkordeonfestival, das heuer sein zehnjähriges Jubiläum feiert und sich zu einer der bedeutendsten Kulturveranstaltungen in Wien gemausert hat. Dabei waren die Vorzeichen im Jahr 1999, als Preisl die Idee zum Akkordeonfestival hatte, alles andere als gut: „Das Instrument hatte damals ein ziemlich negatives, volkstümliches Image – volkstümlich mit d geschrieben.“ In Wien sei dieser negative Beigeschmack noch durch die auf Touristen ausgerichtete Heurigenlied-Szene verstärkt worden. „Als ich Otto Lechner (Österreichs berühmter Akkordeonist – Anm. d. Red.) von meiner Idee erzählt habe, hat er nur gemeint: ‚Oida bist deppat. Der Zug ist abgefahren‘ “, erinnert sich der Währinger lachend.

Hat Otto Lechner seine Meinung geändert?
Ja, das hat er. Ich hatte, als ich mit der Organisation des ersten Festivals begann, eigentlich nix in der Hand. Ich bekam weder öffentliche Gelder, noch kannte ich irgendwelche Akkordeonspieler außer Otto Lechner und zwei oder drei andere, mit denen ich in meinem Kulturverein, den ich damals hatte, zusammengearbeitet habe. Der Otto hat mir dann einige internationale Künstler empfohlen.

Wie ist das erste Festival im Jahr 2000 dann gelaufen?
Es war erstaunlich erfolgreich. Einzelne Veranstaltungen waren sogar ausverkauft. Es gab damals zwölf Veranstaltungen an sieben verschiedenen Spielstätten. Das waren vor allem kleinere Lokale wie das Siebenstern oder das Aera. Der Zufall wollte es, dass ich dabei war, als das Akkordeon weltweit ein Revival erlebte. Das war zwar nicht mein Verdienst, aber ich war dabei.

Hat sich die Unterstützung von der öffentlichen Hand mittlerweile gebessert?
Ich muss zugeben, dass ich ein zwiespältiges Verhältnis zur Stadt Wien habe, weil dort meiner Meinung nach eine ausgesprochene Freunderlwirtschaft herrscht. Wahrscheinlich sogar schlimmer als je zuvor. Ich habe das Gefühl, dass die Stadt Wien vor allem Festivals und Künstler forciert, die stark mit ihnen paktieren. Bis zum vergangenen Jahr habe ich 40.000 Euro Förderung bekommen. Heuer sind es 60.000 Euro. Ich habe das Gefühl, dass sie sich jetzt gerne ein wenig an den Erfolg anhängen. Mein Hauptsponsor beim Akkordeonfestival sind sowieso jedes Jahr die tausenden Besucher, die uns Einnahmen von 140.000 Euro bescheren.

Wie motivieren Sie sich, das Festival jedes Jahr zu organisieren?
Ich möchte Routine vermeiden und versuche, jedes Jahr neue Aspekte einzubringen. Zudem war es mir immer wichtig, Schubladisierungen zu vermeiden. Ich will mit dem Akkordeonfestival alle Altersgruppen und alle sozialen Schichten erreichen. Das ist mir mittlerweile auch gelungen. Ich schaue auch drauf, dass das Festival nicht zu einem Musikantenstadl verkommt. Mir ist wichtig, dass die Veranstaltungen ein durchwegs hohes Niveau haben.

Gibt es anlässlich des zehnjährigen Jubiläums irgendwelche Besonderheiten?
Eigentlich nicht. Es gibt definitiv kein Best Of Programm, weil ich keine Best Of Programme mag. Es werden aber zwei Bonuskonzerte stattfinden.

Gibt es schon Pläne für das nächste Jahr?
Grundsätzlich beginne ich immer erst relativ spät mit der Planung. Eigentlich könnte ich jetzt schon anfangen, das Festival für 2010 zu organisieren. Aber das möchte ich nicht. Da würde ich die Spontaneität vermissen. Ich habe mir aber schon überlegt, nächstes Jahr Bratislava einzubeziehen. Das wäre eigentlich aufgelegt. Dafür müsste es aber einen Friedl Preisl in Bratislava geben, der dort die Infrastruktur und das Know-How hat. Zudem würde ich auch gerne Tanz in das Festival einbringen.

Woher kommt eigentlich Ihre Liebe zur Quetschen?
Mein Vater war in französischer Kriegsgefangenschaft und hat, außer der Sprache, auch ein Akkordeon mitgebracht. Und fallweise hat er damit gespielt. Das war die erste Berührung zum Akkordeon. Deswegen ist mir der Klang des Instruments sehr vertraut. Mir ist dann im Laufe der Jahre aufgefallen, dass das Akkordeon in fast jeder Musikrichtung zuhause ist. Das ist schon sehr faszinierend. Zudem ist es handlich. In Deutschland haben sie es früher glaub ich das Schifferklavier genannt.

Sie haben früher in einer Bank gearbeitet. Wie sind Sie in die Kunstszene gekommen?
Meine Basis war die, dass ich Kunst immer mochte. Ich habe immer schon Theateraufführungen und Konzerte besucht. Dabei war mir immer wichtig, dass ich die Künstler gespürt habe. Deswegen war ich auch vorwiegend in Kellertheatern und kleinen Clubs unterwegs. Die Neigung zum Organisieren hab ich relativ spät entdeckt. Die Initialzündung hatte ich bereits als ich noch in der Bank gearbeitet habe. Ich habe damals immer an einem Montag das Programm in einem kleinen Fuhrwerksgasthaus im Lichtental gestaltet. Das war wie eine Spielwiese für mich. In dieser Zeit ist mir gerade die Musik ans Herz gewachsen. Bis zum Jahr 2002 habe ich das alles noch nebenbei gemacht. Ich habe dann bemerkt, dass sich zwischen mir und der Bank, in der ich gearbeitet habe, eine Depression auftut. Einerseits ist zuhause die Kulturarbeit liegen geblieben und andererseits ist auch in der Bank nichts mehr weitergegangen. Ich habe ja 32 Jahre bei der Bank Austria gearbeitet. 2002 war ich irrsinnig lange im Krankenstand. Dann habe ich das Angebot bekommen, in die Frühpension zu gehen. Das Angebot habe ich auch angenommen. Ich bin jetzt natürlich in der glücklichen Situation nicht davon abhängig zu sein, dass ich mit den Veranstaltungen, die ich organisiere, Geld verdienen muss.

Wie lange können Sie sich vorstellen das Festival noch fortzuführen?
Solange ich bei Kräften und guter Dinge bin, wird es das Akkordeonfestival auch geben.

Interview und Foto: Alexander Schöpf

www.akkordeonfestival.at