Im Gespräch mit: Saitenfalter
Die Band Saitenfalter bewegt sich mit ihrer Musik auf einer stetigen Gratwanderung zwischen Komposition und Improvisation. Auf ihrem Debütalbum »Auf der Suche danach« schaffen sie es, ihr Arbeiten mit Kontrasten und Brüchen sowie das Ausreizen klanglicher Möglichkeiten in ungewohnter Leichtigkeit festzuhalten. Wir haben uns mit Tobias Pöcksteiner, dem Kontrabassisten des Trios, getroffen und über Ursprünge und Einflüsse der Band, das Aufbrechen von klassischen Instrumentenrollen wie auch die Live-Umsetzung ihres Albums gesprochen.
von Maximilian Zeller
Ihr habt euch 2017 als Band gegründet – damals noch als Quartett. Wie ist es ursprünglich zur Entstehung gekommen?
Wir studierten zu der Zeit gerade alle an der Bruckner Uni in Linz und im Rahmen einer Übertrittsprüfung haben wir zunächst zu dritt zusammengefunden. In einer anderen Konstellation waren Raphael [Schuster, Drums] und ich mit Margit [Gruber, Violine] in einem anderen Trio. Weil uns das gemeinsame Spielen so spaß machte, wollten wir weiter miteinander Musik machen und so hat sich dann aus diesen Uni-Projekten die Band zusammengefügt.
Hat sich dieser gemeinsame Studienort in Linz auch auf die Band ausgewirkt?
Indirekt hat die Uni bestimmt einen Einfluss auf uns gehabt. Vor allem weil gerade die Bruckner Uni stilistisch sehr offen ist und man dort viele Möglichkeiten hat, Musik und Improvisation abseits von gängigen Hörgewohnheiten kennen zu lernen. Und nachdem wir bei der Gründung gerade alle dort studierten, haben wir uns jeweils recht intensiv mit freier Improvisation und verschiedenen Improvisationskonzepten auseinandergesetzt. Außerdem haben wir in einigen anderen Ensembles miteinander gespielt, was nicht nur das gemeinsame musikalische Wissen prägt, sondern man ist dadurch auch noch mehr aufeinander eingespielt.
Cello, Kontrabass und Schlagzeug als Trio ist eine eher seltene Band-Konstellation. Was ist für euch der Reiz an dieser unkonventionellen Soundkombination?
Zunächst waren bei der ersten Überlegung, gemeinsam zu spielen, die Instrumente gar nicht so relevant. Viel mehr ging es uns darum, dass wir uns persönlich gut verstanden. Aber natürlich ist die Konstellation spannend, weil es schwieriger ist, sich an konventionellen Sachen zu orientieren und man dadurch beinahe zwangsweise erfinderisch werden muss. Wir versuchen auch oft die üblichen Rollen der einzelnen Instrumente aufzubrechen und neu zu denken. Also dass beispielsweise das Schlagzeug einmal das Thema spielt und der Kontrabass dafür den Beat.
Die Musik, die ihr gemeinsam macht, ist ziemlich vielschichtig. Auch euer Sound ist – zum Teil schon durch die Instrumente – recht eigenständig. Habt ihr dennoch musikalische Einflüsse, die eure Idee von der Band geprägt haben?
Gerade am Anfang hatten wir für uns eigentlich keine fixe Vorgabe, wo wir mit der Band hin wollten. Wir sind alle einfach mit eigenen Nummern zu den ersten Proben gekommen und haben geschaut, wie das in der Besetzung funktionieren kann. Zu Beginn haben wir aber schon auch Covers gespielt, zum Beispiel von Frank Zappa oder Medeski Martin & Wood. Gerade bei den Covers war der Reiz, dass die für andere Instrumentierungen geschrieben wurden und wir überlegen mussten, wie wir an das herangehen. Prinzipiell reden wir aber sehr viel darüber, in welche Richtung die Band geht oder gehen soll, da wir auch wollen, dass Veränderung stattfinden kann. Wir spielen uns bei den Proben zum Beispiel häufig Musik vor, die wir gerade spannend finden und versuchen, das direkt als Inspirationsquelle für Impros zu nutzen. Generell habe ich aber oft, wenn ich für die Band komponiere, einen kammermusikalischen Streichersatz im Kopf. Aber das ändert sich immer wieder mal.
Beim Anhören eurer aktuellen CD habe ich immer das Gefühl, das Komposition und Improvisation bei eurer Musik einen relativ gleichwertigen Rang einnehmen. Wie geht ihr mit diesen beiden Parametern in der Band um?
Auch das verändert sich eigentlich immer wieder. Gerade im Live-Kontext machen uns Impros sehr spaß. Aber wenn wir die ganze Zeit nur improvisieren würden, wäre uns das vermutlich auch irgendwann zu langweilig. Dadurch ergänzt sich das ganz gut, wenn man zum Beispiel Kompositionen hat, die vorgeben, in welche Richtung eine Improvisation gehen kann.
Inwiefern spiegelt sich für dich der Albumtitel »Auf der Suche danach« in euren Stücken wider?
Vielleicht in dem Sinn, dass wir eigentlich immer auf der Suche nach neuen Sounds, neuen Möglichkeiten der Aufteilung der Band oder einfach nur nach neuen musikalischen Ideen – für Improvisationen genauso wie für Kompositionen – sind. Und ich glaube, das spiegelt sich bei fast allen Stücken des Albums wider.
Was hat es mit den „Catch“-Stücken auf sich und warum sind von den scheinbar neun Aufgenommenen nur fünf davon auf dem Album?
Das waren wahrscheinlich sogar mehr als neun. [lacht] Wir wollten unbedingt neben den eher festgelegten Stücken auch komplett freie Improvisationen auf dem Album haben. Und bei den „Catches“ haben wir, ohne viel dazwischen zu reden, mehrere Snippets von je etwa ein bis zwei Minuten aufgenommen. Dabei haben wir für jede Idee nur einen Take aufgenommen und versucht, so gut wie möglich im Flow zu bleiben. Im Anschluss haben wir uns die Aufnahmen durchgehört und gemeinschaftlich entschieden, welche wir am besten finden.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den beiden Gastmusiker*innen Astrid Wiesinger und Vincent Pongrácz ergeben? Und warum gerade Blasinstrumente als zusätzlicher Sound zum Trio?
Ich würde sagen, dass war eher eine Interessensfrage. Zunächst war die Überlegung, mit wem wir uns überhaupt vorstellen konnten zu spielen und die beide Musiker*innen kannten wir bereits davor über ein paar Ecken. Die andere Frage war, bei welchen Nummern wir das Gefühl hatten, dass eine weitere Stimme noch gut passen würde und welches Instrument es dafür noch bräuchte. Also dass es zwei Bläser*innen werden, war nicht von vornherein klar. Aber vielleicht war es schon in gewisser Weise mitgedacht, dass der Sound mit Blasinstrumenten doch ein anderer ist bzw. unseren Trio Sound mehr ergänzt, als wenn wir zum Beispiel noch zusätzliche weitere Streichinstrumente hinzugekommen wären.
Wie geht ihr mit der Live-Umsetzung des Albums um, da die beiden Gastmusiker*innen ja zum Teil sehr präsent bei den jeweiligen Nummern sind?
Es gibt schon ein Stück, das einfach nur zu viert funktioniert. Das können wir so in der Form nicht live spielen. Aber der Rest geht sich auch im Trio gut aus. Man darf nur nicht den Fehler machen, dass man die Stücke genau so wiedergeben will, wie sie aufgenommen wurden. Das betrifft nicht nur den Sound, sondern ebenfalls die Abfolgen. Besonders wenn es um Improvisierte Teile geht, die spontan im Moment entstanden sind. Wenn man da auf der Bühne mehr Raum offen lässt, funktioniert das nicht nur besser, sondern macht für uns auch mehr spaß. Wir versuchen vor allem live vermehrt von fixen Songkonzepten und -strukturen wegzugehen, deshalb verstehen wir das Album eher als eine Momentaufnahme.
Ihr seid ja alle ziemlich umtriebig und jeweils bei diversen Projekten beteiligt bzw. studiert Raphael [Drums] zurzeit in Deutschland. Wie geht ihr in der Band mit euren zeitlichen Ressourcen bzw. den räumlichen Distanzen um?
Stimmt, da ist die Ausgangssituation eben gar nicht so einfach. Wir haben das so gelöst, indem wir versuchen, Konzerte und Probentermine eher Blockweise anzusetzen. Dabei muss man aber immer aufpassen, dass man sich bzw. die Band nicht aus den Augen verliert, wenn alle – auch im Kopf – ganz wo anders sind. Für uns funktioniert es aber so zur Zeit ganz gut. Wir treffen uns immer wieder mal für drei oder vier Tage und arbeiten dann gemeinsam an neuen Sachen. Aber da steckt natürlich auch viel Planungsarbeit dahinter.
Was sind eure Pläne für die nächste Zeit?
Wir würden gerne mehr live spielen, gerade was den kommenden Festival-Sommer betrifft. Demnächst kommen auch Live-Videos von Konzerten im Herbst heraus, die man dann auf unserer Homepage oder Youtube finden kann. Und wenn wir das Gefühl haben, dass wir wieder was neues machen wollen, arbeiten wir vielleicht wieder an einem neuen Album.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Stefanie Freynschlag