Die Bühnenbildner: Platoo – Plattform für Songwriter

Da behaupte noch einer, Fußballer seien Banausen. Mit der Songwriter-Plattform Platoo errichtete Ex-Sturmkicker Jan-Pieter Martens vor zehn Jahren in Graz ein Hochplateau für engagierte Musikschaffende. Dort oben hat man eine glänzende Aussicht – auch auf Erfolg. Von Martin Macho

Die Plattform wurde im Juni 2003 als Verein ins Leben gerufen und sollte zunächst den unmittelbaren musikalischen Umkreis ihres Gründers unterstützen. Selbst als Musiker tätig, beabsichtigte Jan-Pieter Martens durch die Schaffung einer organisierten Netzwerkstruktur dem ihn umgebenden Songwriterzirkel die geeignete Bühne zu bieten. Von da war es dann zur Findung eines bezeichnenden Namens nur noch ein kurzer Weg. Folgerichtig nannte der holländisch sprechende Belgier seine Idee Platoo (niederl.: Bühne).

Neue Gesichter mit gleichem Ansporn
Jan-Pieter Martens koppelte sich schon vor einigen Jahren komplett vom Vereinsleben ab und wandte sich in seiner Heimat anderen Aufgaben zu. Burkard Poschinger, schon zu Martens‘ Zeiten in unterstützender Funktion bei Platoo dabei, übernahm an seiner statt die Agenden und in weiterer Folge den Vereinsvorsitz. Zusammen mit seinem Stellvertreter Michael Pelitz leitet Burkard jetzt die administrativen und künstlerischen Geschicke. Das Zwei-Mann-Team hat einiges auf dem Kasten, schon die Vitae legen nahe, das Handwerk aus dem Effeff zu beherrschen. Beide sind Musiker, beide seit jeher an kreativen Prozessen interessiert, beide profunde Kenner der Szene. Journalistischer Background mit Pressesprecher-Erfahrung rundet die Kompetenzliste ab.

Die Ursprungsidee wurde, in modifizierter Form, beibehalten. „Aufgrund der Entstehungsgeschichte sind wir eine Plattform für Musiker aus dem Songwritergenre. Wir fassen das Ganze jetzt allerdings etwas breiter. Nicht mehr nur der Solo-Performer mit Gitarre ist interessant“, erläutert Burkard die Justierung von Platoo. „Der Plan ist, junge Musiker aus ihrer Intimität herauszuholen, um sie ihre Eigenkompositionen darbieten zu lassen.“ Es sind sowohl Musiker, die ihre ersten unbeholfenen Schritte auf der Bühne wagen, als auch schon sicher laufende Solo- und Bandprojekte, denen der Verein eine Plattform zur Vorstellung ihres Liedmaterials ist.

Vom Selbstverständnis, das Blickfeld zu erweitern, profitiert der gesamte Independentbereich. Platoo wirft die weidlich abgeschmackte Stilfrage nicht auf, stellt Qualität, Originalität und Publikumsresonanz über genrekennzeichnende Merkmale. Die Rezeptur fürs Entree liest sich verblüffend einfach: Um sich bei Platoo Gehör zu verschaffen reicht es grundsätzlich, gute Musik in der erzählenden Vortragsform zu machen. „Wenn die Musik gut ist und uns die dahinter stehende Idee gefällt, dann machen wir das auch“, so Burkard Poschinger.

Scouting und Kontaktpflege als Erfolgsstrategien
Das sich ergänzende Wechselspiel von aktivem Scouting und der Kontaktierung durch – auch ausländische – Agenturen bestimmt das Tagesgeschäft des Platoo-Teams. Kontaktanbahnung und -pflege erfolgen über die Newmedia-Schiene, also Vereinshomepage bzw. Facebook, oder per Telefon. „Am meisten freut uns, wenn jemand bei einem Konzert persönlich an uns herantritt. Wenn es schon Aufnahmen gibt, hören wir rein und entscheiden, ob das zu uns passt“. Der performende Künstler auf der Bühne wird somit lebendiges Endresultat einer ungebrochenen Neugier innerhalb des daily business. Regelmäßige Anfragen von Bookern vermitteln die Größe, zu der sich Platoo seit der Gründung 2003 aufgeschwungen hat. Auch, dass die Künstler mittlerweile von so ziemlich überall her kommen, ist sichtbarer Niederschlag einer nennenswerten Erfolgsstory.

Pulsierendes Nervengewebe
Wenn der Vereinssitz in der Bergmanngasse das Stammhirn von Platoo ist, fungiert das Kellerlokal Die Scherbe in der Stockergasse als dessen verlässliches Rückgrat. Jeweils Montags kann dort nämlich Live-Musik von Platoo-Künstlern gelauscht werden. Dazu finden auf Initiative des Vereins wiederkehrende Songwriter-Events auch an anderen Grazer Locations wie dem Orpheum, dem Forum Stadtpark oder der Postgarage statt. Zentrale und Exposituren, Netzwerkende Drehscheibe und künstlerische Wirkstätten – gemeinsam verkörpern sie ein pulsierendes Gewebe, das in Graz den Popmusikbetrieb mit am Laufen hält. Davon zehrt auch das Publikum: „Wir haben uns über die Jahre eine kundige Stamm-Crowd erarbeitet, die regelmäßig ausschließlich der Musik wegen zu den Veranstaltungen kommt, die wirklich zuhören möchte.“

Zwischenbilanz
Das erste Jahrzehnt des Vereinbestehens gibt auch zum Zwischenbilanzieren Anlass. Nicht wenige der SongwriterInnen und Bands, die bei Platoo Auftritte absolvierten, konnten im Musikbusiness erfolgreich Fuß fassen. Elija, diesjähriger Teilnehmer der österreichischen Songcontest-Vorausscheidung, sammelte beispielsweise durch Platoo-Shows wichtige Bühnenerfahrung. Helgi Jònsson oder Trouble Over Tokyo wussten ihre als Karrierestartschüsse zu nutzen. Eine der Hauptzutaten zur Plattformphilosophie war immer schon die Zusammenführung von arrivierten Musikern aus dem Ausland mit heimischen Newcomern. So stand etwa die junge Grazer Songwriterin Klay schon mit R.E.M.-Gitarrist Ken Stringfellow auf der Bühne. Kontakte, die sich auch backstage ergeben, sind gelegentlich Türöffner, um musikalisch weiterhin kreativ bleiben zu können. Zur weiterführenden Werbung in eigener Sache wird Künstlern Bild- und Tonmaterial ihres jeweiligen Gigs gerne überlassen. Soundtechniker Martin Mayer garantiert hier für hochwertigste Tonqualität während der Bühnenperformances.

Platoo ebnet Wege und stellt den größtmöglichen Support zur Verfügung. Darüber hinaus bleibt es immer den Musikern selbst vorbehalten, an der Sache dranzubleiben. Hier pocht Burkard Poschinger wohlweislich auf die nötige Portion Realismus: „Es wäre utopisch zu erwarten, dass wir jemanden herausbringen, der Nr. 1 der Billboard-Charts wird.“ Freilich mengt sich, das erlebt Burkard tagtäglich, bei der Frage nach der Spannweite einer Karriere die wirtschaftliche Komponente stets ordentlich bei. Während sich Musiker jedoch anderswo bloß an der gönnerhaften Aufwandsentschädigung von des Veranstalters Gnaden milde erfreuen dürfen, entlohnt Platoo seine Künstler fair: „Wir zahlen Honorare nicht nur kostendeckend, sondern wollen gerade bei den Gagen auch Investitionen tätigen.“ Die sind hier wohl genau am richtigen Platz, denn: „Sogar schon bekanntere Künstler kommen her, zeigen mir ihre Brieftasche und sagen, ‚Da, die zehn Euro habe ich noch für diese Woche‘. Das sind die Erlebnisse, die man dann macht…“

Platoo – Plattform für Songwriter
Bergmanngasse 21
8010 Graz

www.platoo.at
www.facebook.com/platoomusic

Kellerlokal die Scherbe
Stockergasse 2
8020 Graz

www.scherbe.com

Foto: Platoo