„Der musikalische Aspekt“-Im Gespräch mit Aaron Thier

Arron Thier

Der burgenländische Ausnahmeschlagzeuger Aaron Thier hat sich in den letzten Jahren in der internationalen Drummerszene mit seiner Solo Drum Performance in different Styles einen Namen gemacht. Am 14.10.2009 wird er im Rahmen der Austrain Drummers Night, seine Show erstmals in Wien präsentieren. Im Interview mit Backbeat erzählt er von seinem Werdegang,  aktuellen Projekten, seinen musikalischen Wurzeln und verrät uns, worauf sich das Publikum am 14.10. freuen darf.

In einem Interview mit dem Magazin Drums&Percussions äußerst du dich kritisch zur Entwicklung der Drummerszene in den letzten Jahrzenten. Was hat sich verändert und wo siehst du die Gründe dafür?
Ich glaube das hat viel mit der heutigen Zeit zu tun. Schlagzeuger wie Tony Williams, Billy Cobham oder der junge Vinnie Colaiuta, hatten schon sehr früh die Möglichkeit mit hervorragenden Musikern zu spielen. Heutzutage gibt es sehr viele technisch hervorragende Schlagzeuger aber die Chance von anderen Bands oder Musikern engagiert und gefördert zu werden, ist geringer geworden. Und somit ist auch der technische Aspekt im Vergleich zum Musikalischem zu sehr in den Vordergrund gerückt.

Siehst du dich in Tradition dieser Schlagzeuger?
Das ist jedenfalls ein Wunsch und ein Ziel von mir. Ich hatte eben auch das Glück, schon in jungen Jahren Erfahrungen zu sammeln. Zuerst mit meiner Band Mesiac, danach mit einer Coverband und als ich mit sechzehn mein Jazzstudium begann, mit verschiedenen Ensembles und Formationen. Natürlich hat mich das technische Spiel von Solodrummern immer fasziniert und mir macht es jetzt selbst auch sehr viel Spaß aber der musikalische Kontext steht immer im Vordergrund.

War es immer schon ein Ziel von dir, auch Solo-Drummer zu werden?

Es war immer ein Teil meines Ziels. Mein Hauptziel war immer möglichst vielseitig zu sein und mich nicht auf einen Stil oder eine bestimmte Musikrichtung zu beschränken. Das Solo-Drumming hat mich vor etwa sechs Jahren erfasst. Speziell das auf Solos spezialisierte Spiel von Terry Bozzio oder auch Marco Minnemann hat mich fasziniert. Vor allem der Aspekt wie man allein als Schlagzeuger auf der Bühne Solos gestalten kann, die ein Publikum begeistern, in dem man einen breiten Spannungsbogen schafft und verschiedene Sounds verwendet.

Wann weiß man, dass man gut genug ist, als Solo-Drummer aufzutreten und was sind die Voraussetzungen dafür?
Das ist schwierig zu beantworten, da es verschiedenste Arten von Solo-Drumming  gibt. Meine Solos bestehen aus etwas siebzig Prozent Improvisation und dreißig Prozent fixen Teilen. Diese sind ausgearbeiteten Ostinato-Patterns, meist auf fünf Fußpedale aufgeteilt, die den Grundstein meines Solos bilden und über die ich dann improvisiere. Das Wichtigste bei einem Solo ist meiner Meinung nach, einen klaren Spannungsbogen zu schaffen.
Ich glaube, wann man dafür bereit ist, spürt man ganz einfach. Es gibt sicher keinen Solo-Drummer, der daran zweifelt, gut genug dafür zu sein. Man muss zu sich und seinem Spiel vollends stehen können. Ich für meinen Teil habe immer gewusst, dass ich das machen möchte und darauf hingearbeitet und somit wächst auch das Selbstvertrauen, das man braucht  um bei einem großen Drum-Festival, beobachtet von Kapazundern wie Ralf Gustke oder Virgil Donati auf die Bühne zu gehen.

Gibt es ein bestimmtes Schlagzeug-Rudiment auf das du immer wieder zurückkommst?
Ja, ein auftaktiger Double-Stroke, das heißt ein Double, bei dem der zweite Schlag auf der Eins ist, meist mit Links beginnend. Auf diesem Rudiment bauen, aufgeteilt auf Fuß und Hand, viele meiner Fill-Ins auf.

Auf was achtest du besonders bei der Auswahl deiner Drumsticks?

Da ich immer verschiedenste Stilistiken in verschiedenen Bands spiele, war es mir wichtig einen Stick zu finden, mit dem ich alles spielen kann. Grundsätzlich verwende ich eher dünnere und leichte Sticks. Es wird auch demnächst einen von mir entworfenen Signature Stick, von Vater geben. Allgemein ist es wichtig Stöcke zu verwenden,  mit denen man so locker wie möglich spielen kann,  da ein Stick, der vielleicht zu schwer ist, auf längere Zeit sehr schlecht für die Handgelenke sein kann.

In deinem Set verwendest du auch eine Gong-Bassdrum. Was ist das besondere daran?
Eine Gong-Bassdrum ist  im Grunde genommen eine Mischform aus einer Bassdrum und einer Pauke. Sie wird hängend gespielt und besteht aus einem Bassdrumkessel über das ein größeres Paukenfell gespannt wird. Bei mir ist es ein 20-Zoll-Kessel  mit einem 23-Zoll-Paukenfell. Der Klang ist auch wie eine Mischung der beiden, das heißt weniger trocken als bei einer Bassdrum und nicht so offen wie bei einer Pauke. Einer der ersten Schlagzeuger die eine Gong-Basedrum verwendet und auch mitentwickelt hat, war Billy Cobham.

Spielst du die Bassdrum mit einer bestimmten Pedaltechnik?

Im Grunde genommen spiele ich keine besonderen Techniken. Ich spiele bei leisen, jazzigen Passagen heel-down und bei druckvollen heel-up. Eine Besonderheit, die sich im Laufe der Jahre bei mir entwickelt hat ist, dass ich, auch wenn ich mit der Ferse oben spiele, den Schlegel nicht am Fell lassen muss, um mich zu stützen.

Welche Musiker oder Bands haben dich dazu inspiriert, Schlagzeuger zu werden?
Zum einen war das mein Vater, der selber Schlagzeuger war und seine Plattensammlung, zu der ich dann schon als Kind, über die Stereoanlage mitgespielt habe. Das waren vor allem Bands wie Deep Purple, The Beatles, Led Zeppelin, Opus oder Toto. Später, mit dreizehn oder vierzehn Jahren habe ich mich für Jazz und Fusion zu interessieren begonnen. Besonders geprägt hat mich unter anderem auch, die open-hand-Technik von Billy Cobham und Simon Phillips. Ich hatte damals schon ein sehr großes Set mit zwei Bassdrums, vier Hängetoms, zwei Standtoms und merkte, dass einem diese Technik viel mehr Freiheit auf dem Schlagzeug ermöglicht. Besonders inspirierende Alben waren bis heute, Allen Holdsworth´s Secrets mit Vinnie Colaiuta am Schlagzeug, Dave Weckl´s Masterplan, Chick Corea Electric Band, Billy Cobham mit dem  Mahavishnu Orchestra, Vinnie Colaiuta´s Solo Cd, Mike Brecker zusammen mit Jack Dejohnette und der legendären Einspielung von Don Grolnick´s Nothing Personal oder Miles Davis´ The Complete Concert 1964 mit Tony Williams. Da ich niemand bin, der lange Zeit nur eine bestimmte Musikrichtung hört, hat sich mein Repertoire ständig erweitert. So hörte ich neben dem Genannten, auch vieles von Sting oder Genesis, was mich zu einem großen Fan von Phil Collins Schlagzeugspiel machte.

Du sagst, der musikalische Kontext steht bei dir immer im Vordergrund. In welchen Bands oder Formationen bist du derzeit neben deiner Solo-Karriere tätig?
Besonders am Herzen liegt mir das Jazz-Fusion-Trio TaucherWendtThier, wo wir gerade an der Fertigstellung des neuen Albums arbeiten und das noch diesen Herbst erscheinen wird. Weiters spiele ich noch in der Blockwerkband, ein sehr spannendes Electro-Pop-Ragga-Drum´n Bass Projekt, von dem auch noch dieses Jahr eine neue Platte erscheinen wird.

Bist du dabei auch als Composer tätig?
Zum Teil schon, aber im TaucherWendtThier-Trio ist der Gitarrist Peter Taucher hauptsächlich für die Komposition verantwortlich, worüber ich sehr glücklich bin, da er sehr interessante und eigenständige Tunes schreibt. Bei der Blockwerk-Band ist der Hauptverantwortliche Songwriter Ingmar Versolmann.

Was erwartet den Zuschauer am 14.10.2009 bei deiner Solo Drum Performance in different Styles?
Ich werde die Show wie immer mit einigen Playbacks eröffnen, bei denen ich ausschließlich selbst komponiertes oder Stücke aus dem Repertoire der Projekte TaucherWendtTiehr und Blockwerkband verwende. Dann gibt es eine Solo-Perfomance geben, von der ich anschließend Patterns herausgreifen und dem Publikum präsentieren werde und dabei demonstriere, wie ich diese übe, wie sie genau aufgebaut sind, wie sie im Solo zum Beispiel durch Verschiebungen eingesetzt werden und beantworte natürlich auch gerne Fragen aus dem Publikum. Ich versuche aber immer das Ganze nicht zu trocken zu gestalten und den musikalische Aspekt – wie immer –  in den Vordergrund zu stellen.

Weiter Infos, Downloads und Tourdaten von Aaron Thier und seinen Projekten gibt´s unter www.aaronthier.com

[youtube:http://www.youtube.com/watch?v=qKBy1zGOLho]

Interview: Alexander Csurmann

Foto: Johannes Gellner

Quellen: drums&percussion