»Idiotenparadies« das neue Album von Pippa

Pippa nimmt uns mit ihrem neuen Album mit ins »Idiotenparadies« – Grund genug, euch von unseren Eindrücken zu berichten.
von Patrick Tilg

Idiotenparadies – was könnte man so einem aussagekräftigen Titel und den zahlreichen Reviews noch hinzufügen? Was sofort auffällt ist, dass das neue Album elektronischer, bunter, positiver, ja vielleicht sogar etwas cooler geworden ist als das Debüt der Musikerin und Schauspielerin Pippa Galli. Auch wenn der Titel das alles nicht vermuten ließe. Wirkt doch der Titel des ihr Debütalbums »Superland« deutlich optimistischer. Doch es verhält sich genau widersprüchlich. Genauso widersprüchlich wie die beiden utopischen Begriffe selbst. War das erste Album noch von melancholischen Wiener Gitarren-Pop mit molligen Soundflächen geprägt, hat sich daraus beim zweiten Album ein vielseitiger Elektro-Pop geschält, der manchmal sogar an Deichkind erinnert. Das ging allerdings nicht ganz so plötzlich, denn den Single-Releases kann man durchaus dramaturgisches Geschick ablesen: war die erste Vorab-Single »Dystopia« klanglich noch näher am Erstlingswerk dran, hat es sich erst mit »Egal« und dann »Tagada« immer weiter davon entfernt. In Zusammenarbeit mit Hans Wagner, bekannt von Neuschnee und früher Teil vom Trojanischen Pferd, haben sie die Wiener Melancholie etwas aufgebrochen, klingen mit den neuen Songs deutlich größer, lehnen sich dabei aber auch nicht zu weit aus dem Fenster. Es schleichen sich außerdem einige spannende NDW-Anspielungen ein, die sich in den 80er-Jahren übrigens genauso gerne mit dystopischen Sci-Fi Bildern auseinandergesetzt hat.

Aber versuchen wir doch mal die Sounds des Albums etwas genauer zu beschreiben. Verzerrte, verhallte Stimmen, Laser-artige Synthesizer, verstimmte Pianos, stark komprimierte Drum-Samples. Die Soundwelt passt also, trotz all des fröhlichen Pop-Appeals, sehr gut zum dystopischen Konzept des Albums. Dabei geht es ihr aber vermutlich nicht darum den Weltuntergang durch Corona heraufzubeschwören, sondern symbolisch von möglichen Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft zu erzählen.

„Gesellschaft ist toll, wenn nur all die Leute nicht wären“ singt schon Peter Licht, und in seine Pop- und Text-Welt kann sich Pippa da durchaus einordnen. Den Prater als gleichbleibendes Sinnbild für einen Fluchtort von »Superland« und »Idiotenparadies« aufzusuchen geht jedenfalls sehr gut auf.

Bleibt nur noch eine Frage: Können im Paradies überhaupt nicht-Idioten leben? Denn sonst würden sie ja bald draufkommen, dass es kein Paradies gibt.

 

26.9.20 – Porgy & Bess / IDIOTENPARADIES Album Release Show (AT)

 

Foto: (c) Gabriel Hyden